Die radikale Gnade 6

Die Beichte und das Gericht!

In einer Zeit, in der die christlichen Denominationen versuchen, sich mit Bibelzitaten als die besseren, genaueren, treueren Gläubigen darzustellen, ist es tragikomisch ironisch, wie die biblischen Kernbotschaften zu Brezeln theologischer Verrenkungen verdreht werden.

Die Lehre der totalen Vergebung – schlicht in ihrer Tiefe, tiefgründig in ihrer Einfachheit – wurde wie Aschenputtel behandelt: Sie muss den Boden schrubben, während ihre Stiefschwestern »Selbstbemühen« und »Schuld« sich im Rampenlicht feiern lassen.

Was ist aus Gottes Gnadenbotschaft geworden?

Es gibt so ein paar Grundregeln, wenn man sich einen Weg durch den theologischen Dschungel bahnen möchte. Dazu gehören:

Den Textzusammenhang beachten. Eine Aussage aus ihrem Umfeld zu reißen, um damit eine unbiblische Idee »beweisen«zu wollen, ist ein ganz schlechter Umgang mit der Bibel.
Nichts in den Text »hineinlesen«. Wir wollen heraushören, was die Schreiber uns zu sagen haben. Wenn wir weitergeben, was wir meinen, was der Schreiber sich gedacht haben könnte, missbrauchen wir die Bibel.
Und niemals vergessen, die Schreiber der Bibel lebten zu einer anderen Zeit, in einer anderen Kultur, sprachen eine Sprache, die uns völlig fremd ist. Sie dachten anders und nahmen die Welt anders wahr.

Mit diesem Wissen möchte ich Rituale und Ideen aufspüren, die die Botschaft der Gnade aus der Mitte verdrängt haben oder verdrängen können.

Ich beginne mit etwas Unauffälligen. Jesus feiert mit seinen Jüngern das Passahfest. Plötzlich steht er vom Tisch auf und wäscht seinen Jüngern die Füße.
Das war in der Rabbi-Schüler-Beziehung Aufgabe des Schülers, er diente seinem Meister, und nicht umgekehrt.
Jesus’ Jünger hatten das wohl vergessen, oder jeder meinte, ein anderer ist dran.

Diese spontane Handlung wird oft missbraucht, um eine Lehre einer teilweisen Reinigung vor Gott zu fördern. Manche Christen praktizieren die Fußwaschung bei ihren »Abendmahlsfeiern«, andere vollziehen diese Handlung einmal im Jahr an Gründonnerstag.

Jesus führt eine Meisterleistung in Sachen Demut vor. Fordert er zu einer buchstäblichen Nachahmung auf?

Wenn ich euch jetzt die Füße gewaschen habe, ich, der Herr und Meister, dann müsst ihr auch einander die Füße waschen.
Johannes 13,14; Das Buch, 2022

Wenn wir den kulturellen Hintergrund berücksichtigen, macht die Fußwaschung in unserer Zeit keinen Sinn. Keiner ist den ganzen Tag mit nackten Füßen durch eine dreckige und staubige Gegend gelaufen, bevor er sich beim Abendmahlsgottesdienst einfindet.
Wäscht man sich trotzdem die Füße, spult man ein sinnentleertes Ritual ab. Und fromme Rituale stehen einem Leben unter der Gnade im Weg.
Jesus fordert nicht, dass wir unsere sauberen Füße bis in alle Ewigkeit mit sauberem Wasser benetzen – Jesus hatte das Anliegen, dass seine Nachfolger in seine Fußstapfen treten und eine dienende Führung übernehmen.
Dienend in dieser Welt zu führen geht aber nur, wenn wir Gottes Gnade aufgesogen haben und uns vom Heiligen Geist leiten lassen. Denn dann handelt Jesus in und durch uns.

Das nächste theologische Dornengestrüpp:

Einen Spitzenplatz in der Hitparade der verdrehten und missbrauchten Texte nimmt seit Generationen eine Äußerung von Johannes ein.

Wenn wir unsere Sünden eingestehen, zeigt Gott, wie treu und gerecht er ist: Er vergibt uns die Sünden und reinigt uns von jedem begangenen Unrecht.
1. Johannes 1,9; Neue evangelistische Übersetzung, 2025

Wenn wir diese Aussage in ihrem Textzusammenhang lesen, wird sehr klar, dass dieser Vers eine Abrechnung mit der Leugnung von Sünde im Gnostizismus ist und keine Pendeltür der Vergebung für Menschen, die Jesus nachfolgen und gerettet sind.
Es würde zu weit führen, jetzt näher auf den Gnostizismus einzugehen. Sehr vereinfacht gesagt, der Gnostizismus trennt ganz scharf das Körperliche von dem Spirituellen. Die beiden Bereiche agieren eigenständig. Das Körperliche beeinflusst das Spirituelle nicht, deshalb gibt es auch keine Sünde. Zur Zeit von Johannes versuchten Gnostiker mit ihrer Lehre das Christentum zu unterwandern. Dem will Johannes entgegenwirken.
In diesem Textabschnitt fordert Johannes kein tägliches Vergebungsritual, sondern bekräftigt die einmalige reinigende Kraft von Jesus’ Opfer.
Und vergessen wir nicht, den Hut vor den Gnostikern zu ziehen, den Pionieren der »alternativen Wahrheit«, deren Sündenleugnung einen direkten Faktencheck durch unseren Mann Johannes erforderte:

Wenn wir behaupten, sündlos zu sein, betrügen wir uns selbst. Dann lebt die Wahrheit nicht in uns.
1. Johannes 1,8; Hoffnung für alle, 2015

Die Wahrheit ist Jesus!

Wenn wir behaupten, wir hätten nicht gesündigt, machen wir Gott zum Lügner. Dann lebt sein Wort nicht in uns.
1. Johannes 1,10; Neue evangelistische Übersetzung, 2025

Das Wort ist Jesus!

Wenn wir den Brief als Ganzes lesen, wird klar, dass Johannes kein geistliches Hamsterrad für Christen aufbaute, in dem sie endlos Sünden bekennen mussten.
Vielmehr öffnete er den gnostischen Leugnern der Sünde, die draußen lauerten, die Tür zur vollständigen Vergebung.
Wenn sie sich nur mit Gott über ihre Sündhaftigkeit einig werden – anstatt sie kategorisch zu leugnen –, werden sie die volle Vergebung erlangen – von jedem Unrecht gereinigt.

Übersehe nicht das unscheinbare Wörtchen »jedem« in 1. Johannes 1,9 – es ist ein Schlüsselwort.
Die vollständige Vergebung aller Sünden ist hier das wichtigste Angebot von Johannes – ein jede Schuld tilgendes Vergebungspaket, genau das, was wir Glaubende bereits mit Jesus ergattern konnten.
Die Religion hat Beicht- oder Bekenntnis-Rituale eingeführt, um die Vergebung aufrechtzuerhalten. Doch das widerspricht allem, was das Neue Testament dazu zu sagen hat. Unsere Sünden – vergangene, gegenwärtige und zukünftige – sind ausgelöscht. Das ist Teil des »All-inclusive-Pakets«, das als »Jesus’ vollendetes Werk« bekannt ist.

Die »Idee der fortschreitenden Vergebung« geht davon aus, dass wir in einer andauernden Verpflichtung stehen, geistliche Raten zurückzuzahlen. Das bedeutet, dass wir mit jedem Bekenntnis von unserer Sündenschuld etwas abtragen.
Doch diese Theorie ignoriert die Bibelstellen Hebräer 10,14, Epheser 1,7 und Kolosser 1,14, die unsere Vergebung ohne Kosten wie Leuchtreklame aufblitzen lassen.
Wenn wir überzeugt sind, dass unsere geistliche Reise einem nicht endenden Spiel von »Schuld und Sühne« gleicht, spielen wir nicht nach den Regeln des Evangeliums, sondern nach den Regeln eines gegen uns manipulierten Spiels.
Die Wahrheit? Unsere Vergebung hängt nicht an den seidenen Fäden unserer Erinnerungsfähigkeit und an den tollen Worten, mit denen wir »bekennen«. Nein, es geht nicht um unseren Notizblock und unsere vielen Worte; es geht um Jesus am Kreuz und sein Blut.
Wenn wir das verstehen, verändert sich unser Bekenntnis von einer verzweifelten Bitte um mehr Vergebung zu einem herzlichen »Danke« für die vollständige Vergebung, die wir bereits erhalten haben.

Seien wir nicht wie theologische Messies, die an verstaubten Lehren festhalten, die das helle Licht des Evangeliums trüben.
Unsere Kirchen und Gemeinden sollen Leuchttürmen der Hoffnung, der Gnade und der bedingungslosen Liebe werden, die die Müden und Verlorenen in den sicheren Hafen führen, der vollendeten und vollkommenen Rettung von Jesus am Kreuz.
Ich rufe dich auf, dich gegen die Ketten der unvollständigen Vergebung zu erheben, und Gottes radikale Gnade neu zu entdecken.

Jesus eckte häufig mit den gesetzestreuen Juden an, die sehr viel Wert auf Äußerlichkeiten legten. Dabei war er in seinen Äußerungen nicht gerade zimperlich.

Wehe euch, ihr Theologen und Pharisäer, ihr frommen Schauspieler! Ihr spült die Außenseite der Trinkbecher und Essschüsseln ab, aber innen kleben noch Raubgier und Maßlosigkeit.
Du blinder Pharisäer! Reinige doch zuerst das Innere des Bechers, dann wird beim Waschen auch die Außenseite des Bechers sauber!
Wehe euch, ihr Theologen und Pharisäer, ihr heuchlerischen Schauspieler! Ihr seid ja genauso wie die Gräber. Außen sind sie frisch gestrichen, sodass sie nett aussehen, aber im Innern liegen Knochen von Toten und alle möglichen anderen unreinen Dinge herum.
Matthäus 23,25-27; Das Buch, 2022

In ihrem Streben, das Äußere von Bechern und Tellern sauber zu halten, haben sie irgendwie das Fest der Gnade vernachlässigt, das vor ihnen lag.

Was würde Jesus heute zu sagen haben? Es hat sich doch in den 2000 Jahren Kirchengeschichte nicht viel geändert.
Noch immer wird das gleiche alte Gericht serviert: bedingte Vergebung, beträufelt mit einer bitteren Essenz gesetzlicher Rituale. Und die liegen Jesus selbst heute noch schwer im Magen.

Im theologischen Dschungel stoßen wir als Nächstes auf einen dornigen Brocken aus dem »Vaterunser«:

Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben.
Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, dann wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.

Matthäus 6,14-15; Einheitsübersetzung, 2016

Dieses kleine Juwel ist normalerweise die Munition der Wahl für Predigten, die die fromme Eigenleistung in den Vordergrund stellt, angeblich von Gott gefordert.
Aber ist dir in den Sinn gekommen, dass Jesus keine göttliche »Eine Hand wäscht die andere«-Strategie im Rahmen des neuen Bundes einführt?

Achten wir wieder auf den Textzusammenhang. Jesus, der zu Menschen im »Alten Bund« sprach, hat seinen Zuhörern einen Spiegel vorgehalten. Er zeigte die Unmöglichkeit auf, durch menschliche Anstrengung Vergebung zu erlangen.
Die Bergpredigt, zu der das »Vaterunser« gehört, ist eine Meisterleistung darin, die Messlatte so astronomisch hochzulegen, dass selbst der sportlichste Pharisäer sie mit dem Stabhochsprung nicht erreicht.

Und seine Worte zur Vergebung? Kein Gebot, sondern eine Diagnose – eine göttliche Röntgenaufnahme, die den geistigen Bankrott der Menschheit sichtbar werden lässt. Durch Jesus Rettungstat am Kreuz wurde ein »Neuer Bund« gestiftet, in dem Vergebung kein Tauschobjekt ist. Es ist ein Geschenk.
Das Drehbuch ist neu geschrieben. Für Vergebung gilt nicht mehr »Erst vergeben, dann wird vergeben« – ganz im Gegenteil!

Seid vielmehr umgänglich und hilfsbereit. Vergebt euch gegenseitig, weil Gott auch euch durch Christus vergeben hat.
Epheser 4,32; Neue evangelistische Übersetzung, 2025

Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, wenn jemand euch Unrecht getan hat. Denn auch Christus hat euch vergeben
Kolosser 3,13; Hoffnung für alle, 2015

Diese Verse laden uns ein zu vergeben, nicht um Gottes Vergebung zu verdienen, sondern als ein Überfließen der Vergebung, die wir bereits erfahren haben.

Zurück zum »Vaterunser«. Jesus sprach in seinen Tagen vor der Kreuzigung zu Leuten des »Alten Bundes«, die in der Spannung der Bedingungen für Segen oder Fluch lebten. Sein Gebet war nicht für uns im »Neuen Bund». Es war ein Lehrstück, das direkt auf das Versagen der Selbstgerechtigkeit und die dringende Notwendigkeit eines Retters hinwies.

Stell dir vor, dir würde nur in dem Maße vergeben, wie du anderen vergeben hast. Du wärst erledigt!“ Darum wechsele zur bedingungslosen Vergebung im »Neuen Bund«. Das ist, als würdest du dein Dreirad gegen ein Düsenflugzeug eintauschen.
Warum sich also auf den wackeligen Rädern der eigenen Anstrengung durchs Leben bewegen, wenn du doch die Flügel des Geistes hast, die dich in die Höhen der Gnade tragen?

Denn mit einem Opfer hat er die, die geheiligt werden, für immer vollkommen gemacht.
Hebräer 10,14; Elberfelder Bibel, 2006

Die Botschafter der Gnade führen uns weg von den felsigen Ufern des »Wenn du nett bist, wird dir vergeben« hin zu dem ruhigen Gewässer des »Dir ist vergeben, ein für alle Mal«.

Eine entscheidende Wahrheit ist in den Übersetzungen untergegangen: Die atemberaubende Wirklichkeit unserer unzerstörbaren Gemeinschaft mit Gott, die Jesus gesichert hat.
Schauen wir uns den aktuellen Zustand doch etwas genauer an. Wie hältst du es mit der Buße? Es ist sicher ein Begriff, der gründlich missverstanden und missbraucht wird.
Es gibt Gläubige, die tun so, als ob jede Erwähnung von »Anfechtungen der Sünde« praktisch Hochverrat an Jesus Opfer ist.
Bringen wir Licht ins Dunkle: Das Bewusstwerden und Abwenden von der Sünde untergräbt das Heilsgeschehen von Golgatha nicht – es hebt es deutlicher hervor!

Aber bei der Buße geht es nicht darum, einen Knopf zu drücken, der den himmlischen Vergebungsapparat in Gang setzt und sich in einer Reihe von frommen Ritualen zeigt, mit denen Schuld bei Gott abgestottert werden soll.

Das griechische Wort, das mit »Buße tun« übersetzt wird, bedeutet, »seinen Sinn ändern«, »seine Absicht« bzw. «seine Ansicht« ändern. Daraus folgt die Bedeutung, wenn die Sinnesänderung die Erkenntnis einschließt, dass die bisherige Ansicht falsch oder schlecht war, »Reue empfinden«, «bedauern«.
Es ist eine Kehrtwende in der Denk- und Sichtweise, ausgelöst durch einen Blick auf unsere (Selbst-)Gerechtigkeit und Gottes überwältigende Güte.
Buße leugnet die »ein für alle Mal« Wirksamkeit von Jesu einmaliger, vollkommener und vollendeter Rettungstat nicht, sondern ist eine von Herzen kommende Reaktion darauf. Wir bekennen, nicht um Vergebung zu aktivieren, sondern aus dem Überfließen unseres neuen makellosen Herzens, das das Böse verabscheut und dankbar ist für die Vergebung, die wir bereits erhalten haben.

Paulus sorgt für ein weiteres Missverständnis.

Denn die gottgewollte Betrübnis bewirkt eine Buße zum Heil, die man nicht bereuen muss; …
2. Korinther 7,10; Schlachter Bibel, 2000

Es geht nicht darum, dass wir uns in einen Abgrund der Verzweiflung stürzen, sondern wir erkennen, dass unsere Taten den Geist betrüben, der uns fester als je zuvor umarmte.
Unsere Betrübnis ist nicht die Währung, mit der wir Vergebung kaufen; sie ist die natürliche Reaktion von Kindern mit neuem Herzen, die ihren Vater lieben und den Schmerz bereuen, den sie anderen zugefügt haben könnten.
Es gibt unzählige Gründe, sich von der Sünde abzuwenden, aber von Gott mehr Vergebung abzupressen, gehört nicht dazu!

Nun zu den Widersprüchen über die Gemeinschaft mit Gott.

Hebräer 10:14 macht deutlich, dass unsere Gemeinschaft mit Gott kein Jo-Jo ist, das sich an der Schnur unserer moralischen Leistung auf und ab bewegt. Durch Jesus’ endgültiges Werk am Kreuz ist sie eine sichere und feste Verbindung.
Wenn Sünde unsere Gemeinschaft mit Gott tatsächlich zerstören könnte, wäre das Kreuz nichts weiter als ein kosmisches Pflaster, und Jesus’ triumphierendes »Es ist vollbracht!« nichts als Wunschdenken. Die Vorstellung, dass es ein »rein – raus-Effekt« in der Gemeinschaft mit Gott gibt, ist nicht einfach unbiblisch – sie ist Irrglaube, der sich fromm verkleidet.
Paulus versichert uns:

Ja, ich bin davon überzeugt, dass weder der Tod noch das Leben, weder Himmelsengel noch Urgewalten, weder Dinge, die gegenwärtig sind, noch die, die in der Zukunft geschehen werden, und auch keine Großmächte, nichts in der Höhe und nichts in der Tiefe noch irgendeine andere erschaffene Wirklichkeit in der Lage ist, uns abzutrennen von der unfassbaren Liebe Gottes, die im Messias Jesus, unserem Herrn, ihren unvergleichlichen Ausdruck gefunden hat.
Römer 8.38-39; Das Buch, 2022

Da gibt es keine Fußnote, die »Sünde« von der Liste der Dinge ausschließt, die uns nicht von Gottes Liebe trennen können.
Unser Ansehen vor Gott basiert nicht auf unserer religiösen Kunstfertigkeit, sondern auf Jesus’ unumstößlicher Leistung. Warum wenden wir uns von der Sünde ab?
Nicht weil wir vor Angst zittern, wir könnten Gottes Gunst verspielen. Diese Gunst war nie von unserer Reinheit abhängig. Sondern aus tiefer Dankbarkeit und Liebe für den Einen, der uns als sein Eigentum ernannt hat. Und wie könnten wir uns überhaupt jemals von der Sünde abwenden, wenn wir nicht in Gemeinschaft mit Gott wären? Wir hätten keine Kraft dazu!
Aber Gott sei Dank, wir sind dauerhaft mit Jesus verklebt. Wir sind für die Sünde tot und verabscheuen sie im Innersten. Wir stehen über der Sünde, wir sind zu gut für sie. Die Sünde ist unter unseren Füßen – wo sie hingehört. Lass dir von niemandem etwas anderes erzählen.
Wirf die ausgedienten Klischees einer bedingten Vergebung und einer »Pendeltürbeziehung« über Bord. Ergreife die wilde, befreiende Wahrheit des Evangeliums: Durch Jesus ist uns vergeben – vollständig und für immer.
Unsere Gemeinschaft mit Gott ist kein Preis, den man gewinnen oder verlieren kann, sondern ein Geschenk. Wir schwimmen in einem Fluss von Gottes Güte. Wir tasten uns nicht zitternd auf einem Hochseil voran. Möge unser Leben ein freudiger Gesang für die Freiheit sein, die wir in Jesus haben, als Dank für die unveränderliche Liebe unseres Vaters.

Die Vorstellung vom »Jüngsten Gericht« sollte uns nicht in Angst und Schrecken versetzen. Es geht ja nicht darum, ein göttliches Zeugnis zu bekommen; wir dürfen uns entspannt zurücklehnen, weil Jesus am Kreuz eine vollkommene Leistung abgeliefert hat.

Dem Tag des Gerichts können wir mit Zuversicht entgegensehen, denn auch, wenn wir noch in dieser Welt leben, sind wir wie Jesus ‹mit dem Vater verbunden›. In der Liebe gibt es keine Furcht, denn Gottes vollkommene Liebe vertreibt jede Angst. Wer noch Angst hat, rechnet mit Strafe. Bei ihm hat die Liebe ihr Ziel noch nicht erreicht.
1. Johannes 4,17-18; Neue evangelistische Übersetzung, 2025

Wenn wir wegen des Jüngsten Gerichts ausflippen, dann deshalb, weil man uns mit der Erwartung einer Strafe getäuscht hat. Aber es gibt für die, die im »Neuen Bund« leben keine Strafe.

Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; …
Johannes 3,18; Schlachter Bibel, 2000
Und auch das ist klar: Es gibt nun überhaupt keinen Grund mehr zur Verdammnis für die, die im Messias Jesus leben!
Römer 8,1; Das Buch, 2022

Zähle 1 und 1 zusammen und feiere!

Paulus weist auf Jesus Richterstuhl hin.
Für manche ist das eine Art von einer himmlischen Talentshow, bei der Gläubige für ihre Lebensleistung eine Trophäe bekommt oder einen Klaps auf die Finger. Aber das geht am gesamten Rhythmus von Gottes Reich vorbei. Dieses Gericht ist eher wie eine große Enthüllung, das Leben zeigt, das entweder im Einklang mit dem Evangelium steht oder hoffnungslos daneben liegt. Deshalb erscheinen alle Menschen vor Jesus.

Denn wir alle werden einmal vor dem Richterstuhl des Messias erscheinen müssen. Dann wird jeder seinen Lohn bekommen für das, was er während seines irdischen Lebens getan hat, ganz gleich, ob es etwas Gutes war oder etwas Schlechtes.
2. Korinther 5,10; Das Buch, 2022

Glaubende werden einfach dafür belohnt, in Jesus zu sein – selbst wenn sie nur einen Becher Wasser in seinem Namen weitergegeben haben –, während Ungläubige die Konsequenz für »ohne Jesus zu sein« tragen werden.
In diesem Text geht es um alle Menschen. Warum? Weil nur Glaubende zu ihren Lebzeiten Gutes getan haben. Die Ungläubigen haben schlechte Taten vollbracht, für die sie ihren Lohn erhalten.

Auch das Gleichnis von den Schafen und Ziegenböcken in Matthäus 25 ist nicht irgendeine Nebenhandlung – es ist Teil der gleichen Geschichte, die diejenigen trennt, die im Takt der Gnade gelebt haben, von denen, die ihrem eigenen Rhythmus gefolgt sind.

Es dient nicht der biblischen Klarheit, wenn man behauptet, dass Glaubende und Ungläubige in verschiedenen Gerichtshandlungen erscheinen. Das Neue Testament offenbart ein einziges, majestätisches Ereignis.
Zusammen betrachtet offenbaren die Textabschnitte in Matthäus 25, Offenbarung 20 – 21 und 2. Korinther 5,10, dass der große weiße Thron die einzige Plattform ist, vor der alle Menschen stehen werden, um Gottes Urteil über das Leben zu erfahren.
Du musst nicht für deine Sünden geradestehen, denn Jesus hat das bereits getan. Er hat sich den Sold deiner Sünde auszahlen lassen. Total. Es ist vollbracht.

Dieses große Finale ertränkt die Angst vor einer Verurteilung in einem lauten Jubelchor, der den allumfassenden Sieg einschließt, den Jesus am Kreuz errungen hat.

Dann gibt es noch die Vorstellung, dass Glaubende unterschiedliche Belohnungen erhalten, abhängig davon, wie gut sie auf der Erde gearbeitet haben?
Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg in Matthäus 20 sprengt diesen Wunschgedanken in Stücke und zeigt Gottes Gnade als kompromisslosen Gleichmacher.
Einige begannen beim Tagesanbruch, andere waren nur eine Stunde dabei.
Falls du die Geschichte noch nicht kennst, rate mal, was jeder bekam.
Jeder bekam den gleichen Gehaltsscheck. Unsere Belohnung ist nicht eine Sammlung himmlischer Trophäen, sondern Jesus selbst. Er ist unser kostbarer Schatz. Paulus bezeugt, dass alles andere Mist ist, im Vergleich zu Jesus zu kennen. Manche Leute stellen sich diese Welt gerne als eine Bühne vor, auf der Gott ständig mit richterlichen Entscheidungen um sich wirft.

Und auch unsere gegenwärtigen Leiden und die weltweiten Unruhen sind keine Folgen einer göttlichen Vergeltung, sondern die Geburtswehen einer Schöpfung, die sich nach Erlösung sehnt.
Hören wir also auf, uns wie Schauspieler auf einer Vorsprechbühne zu verhalten, und beginnen wir, wie geliebte Kinder zu leben, denen der Dirigent bereits stehenden Beifall gegeben hat.

Bist du ein Jesusnachfolger, wird dein Leben nicht eine ängstliche Erwartung des Gerichts widerspiegeln, sondern eine freudige Zuversicht auf den Tag, an dem jede Träne getrocknet sein wird, und wir für immer in vollkommener Harmonie mit unserem Schöpfer leben werden.