Die radikale Gnade 10

Auch fromme Lügen sind Lügen!

Diesen »Impuls für gelebtes Gottvertrauen« beginne ich mit der Betrachtung von zwei Selbstverständnissen: Dem, das die Religion dir vermittelt hat, und dem, was Jesus dir geschenkt hat.
Warum unterscheide ich die beiden Identitäten? Weil viele Christen sich etwas Falsches haben einreden lassen, was sie feiern. Die von Jesus vollbrachte Rettung lädt uns zu einer rauschenden Geburtstagsparty für unser neues Selbst ein. Feierst du deine Auferstehung mit Jesus?

Laut dem Apostel Paulus bist du tot! Nein, nicht im Sinne von »tragt Schwarz und lasst traurige Melodien auf einer Geige spielen«, sondern in der Bedeutung, dass du »mit Jesus gekreuzigt« worden bist, wie es in Galater 2,20 und Römer 6,6 heißt. Das war ein einmaliges Ereignis, bei dem du das Motel der Sünde verlassen und im Fünf-Sterne-Hotel »Gottes Gerechtigkeit« eingecheckt hast.
Du bist frei von der Tyrannei der Gebote und Verbote, die in den Hallen des modernen Christentums herumspuken. Warum aber lassen sich so viele von uns von diesen Gespenstern quälen?
Paulus sagt es so:

Ihr seid doch mit dem Messias in den Tod gegangen! Ihr seid deshalb nicht mehr bestimmt von den grundlegenden Denkvorstellungen dieser Welt. Warum unterwerft ihr euch ihnen dann noch? Diese Regeln lauten: »Das sollst du nicht anfassen! Das darfst du nicht kosten! Das sollst du nicht berühren!«
Kolosser 2,20–21; Das Buch, 2022

Kennst du solche Regeln? Wirklich gruselig.
Ja, der verführerische Gesang der Gesetzlichkeit. Gibt nichts, außer einer altbewährten Liste von Regeln, deinem Herzen einen Ruck?
Irgendwann haben wir die wunderbare Symphonie der Erlösung gegen einen Missklang der Gesetzlichkeit ausgetauscht. Als ob das ein Fortschritt des Evangeliums wäre.
Aber jetzt kommt der entscheidende Punkt: Jesus ist nicht in den Tod eingetaucht, nur um uns eine moralische Verjüngungskur zu verpassen. Er hat uns in eine neue Schöpfungswirklichkeit auferstehen lassen. Wir sind nicht Frankensteins Monster, zusammengeflickt aus Fetzen guter Taten und Lumpen religiöser Rituale. Wir sind von Gott neu geboren, als »gut« erkannt und direkt aus der Finsternis in das Reich des Lichts geholt.

In Römer 6 stellt Paulus eine Frage, die wohl jeden beschäftigt: »Wenn wir für die Sünde gestorben und für Gott lebendig sind, warum verhalten wir uns dann wie geistliche Zombies?« Gute Frage, Paulus.
Es scheint, als hätte das Christentum das Evangelium mit einer Gruselgeschichte verwechselt, in der wir unsere Tage damit verbringen, gegen unser altes, grässliches Ich anzukämpfen. Aber die Wahrheit ist: Unser altes Ich ist so tot wie die Dinos. Es ist weg, erledigt. An seiner Stelle ist ein strahlendes, neues Ich, widerstandsfähig gegen die Sünde und bereit, seine göttliche Bestimmung zu leben.
Warum also die langen Gesichter und die noch längeren Listen mit religiösen Regeln? Waren wir vielleicht so sehr damit beschäftigt, unser vermeintlich finsteres Selbst zu zähmen, dass wir die Botschaft über unsere wundersame Erneuerung verpasst haben?
Diese Identitätskrise ist kein persönliches Versagen – sie ist ein Meisterstück der Täuschung durch den Feind. Ein Gläubiger, der sein wahres Selbst in Jesus nicht kennt, ist wie ein Löwe, der sich von Tofu ernährt – voller Möglichkeiten, aber schmerzhaft unterernährt.

Das »neue« Leben bedeutet nicht, ein Musterexemplar an Frömmigkeit zu werden. Es geht darum, dein von Jesus durchtränktes Sein anzunehmen und dich von dieser »Neuheit« in allem, was du tust, leiten zu lassen.
Wie Jakobus so treffend sagte: Der Täter des Wortes ist jemand, der in den Spiegel schaut, erkennt, wer er wirklich ist, sich dann abwendet und nicht vergisst, wie er aussieht. Sei ein Täter des Wortes! Wir sind mit Jesus auferstanden. Das ist nicht nur ein theologisches Gedankenspiel – das ist die neue Wirklichkeit.
Sieh das Evangelium als die Geschichte des Erwachsenwerdens, in der wir nicht das Problem sind, sondern ohne Wenn und Aber die Helden in Gottes Rettungsplan. Darum lebe in der Realität deiner Auferstehung.

Viele Christen meinen, in dem tragischen Film »Der ewige Sünder« mitspielen zu müssen. Er rührt zu Tränen und erzählt von den Höhen der Versuchung und den Tiefen der Sünde. In dieser traurigen Geschichte kämpfen unsere Helden – das sind wir – gegen ihren schlimmsten Feind, der sie aus dem Spiegel anstarrt. Aber dieses Drehbuch ist veralteter als eine Datasette auf einem Treffen von Computer-Freaks.
Paulus sagt uns ganz klar: »Wir sind für die Sünde gestorben, aber in Jesus leben wir für Gott.« Nicht ein bisschen tot, nicht ein bisschen lebendig. Nein, es ist ein endgültiger, unwiderruflicher Neuanfang – weg mit dem Alten, her mit dem Brandneuen.

Kennst du diesen frommen Spruch: »Ich bin nur ein Sünder, gerettet aus Gnade«?
Was für eine Beziehung zu Gott wird damit ausgedrückt? Wer sich als eine Enttäuschung für Gott ansieht, unterschätzt sich selbst und wird Opfer einer billigen Theologie, in der Gnade wie ein Artikel auf dem Grabbeltisch behandelt wird und nicht als das Wertvollste, was wir haben können.

Hier kommt der Emulgator ins Spiel – unser heiliger Katalysator. Er reinigt nicht nur unser Handeln, sondern verändert das Wesen unseres Seins grundlegend.
Wie ein Ei Öl und Essig zu einem harmonischen Ganzen verbindet, so verbindet Jesus unser sterbliches Chaos mit seiner göttlichen DNA. Unser Selbst wird nicht aufpoliert, sondern neu geboren. Die alten Etiketten? Abgelaufen. Das neue Etikett? »Lebendig in Jesus.« Der Emulgator – ja, jenes goldene Eigelb göttlichen Eingreifens – hat unsere »Öl und Wasser«-Existenz zu einer himmlischen Mischung geheiligter Abgeklärtheit vereint.
Hier wird nicht einfach nur fade Theologie aufgepeppt – nein, wir sind neu geschaffen worden. In Jesus wird unser Wesen verwandelt, sodass die Mischung nicht nur schmackhaft, sondern vollkommen ist. Wo wir einst ein unzusammenhängendes, klumpiges Durcheinander waren, sind wir nun ein harmonisches, untrennbares Meisterwerk – geschaffen vom Schöpfer selbst.

Entgegen einer weitverbreiteten Lüge sind wir nicht das, was wir tun. Wir sind das, was Gott aus uns gemacht hat. Unsere vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Sünden sind vergeben. Unsere Identität ist besiegelt in der heiligen Einheit mit Jesus.
Das ist keine vorübergehende Veränderung, sondern eine ewige, unumkehrbare Verwandlung. Wir sind von sündigen Wanderern zu geheiligten Wundern geworden.
Und doch versuchen wir immer noch, uns in die veralteten, einengenden Korsetts des »Ich-muss-mich-mehr-anstrengen« und des »Ich-bin-nicht-gut-genug« zu zwängen, und vergessen dabei, dass diese Garderobe im großen Saal der Gnade längst der Vergangenheit angehört. Uns wurde das Gewand der Gerechtigkeit überreicht – nicht als Leihgabe, sondern als ewiges und unwiderrufliches Geschenk.
In diesem begehbaren Kleiderschrank voller Wunder ist kein Platz für das mottenzerfressene Garn der Schuld oder die zerfetzten Lumpen der Selbstbemühung. Nur die edelste Kleidung, gewoben aus den Fasern der Gnade und Liebe, passt vollkommen zu der Auferstehungsgerechtigkeit, die wir in uns tragen. Das Evangelium lädt ein zu einem Fest der Gnade. Verliere dich also nicht in Selbstbedauern, sondern komme in der Pracht dessen, der du jetzt bist – im Wissen, dass Jesus dein Ein und Alles ist.

In unserem edlen Streben nach Frömmigkeit scheinen wir vom Pfad abgekommen zu sein und haben uns in die Wildnis der Fehlinterpretation der Bibel verirrt, überzeugt davon, dass »täglich sterben« und »täglich unser Kreuz auf sich nehmen« heilige Gebote für eine seelenzerstörende, freudraubende Form der geistlichen Selbstgeißelung seien.
Als Paulus davon sprach, dem »Tod täglich ins Auge zu sehen«, meinte er kein religiöses Trainingslager. Er sprach von wirklichen Bedrohungen, denen er gegenüberstand – etwa als wilde Tiere in der Nähe von Ephesus auf ihn losgingen. Und das war keine Umschreibung für einen verärgerten Kirchenvorstand.
Und dann: »Sein Kreuz auf sich nehmen«? Das ist kein täglicher Klotz der Selbstverleugnung. Das ist ein einmaliges Ereignis, wenn wir unseren Tod für die Macht der Sünde akzeptieren und zu einem radikal neuen Leben in Gott auferstehen.
In der Bibel wird häufig der Begriff »Fleisch« benutzt. Irgendwie haben wir ihn zu dieser geheimnisvollen »sündigen Natur« verdreht, die wir angeblich täglich – wie Giftstoffe mit einer Saftkur – ausscheiden sollen. Die Erwähnung des »Fleisches« im Neuen Testament ist kein düsteres Eingeständnis einer doppelten »Staatsbürgerschaft«: der in Gottes Reich und der in der Sphäre der angeborenen Bosheit. Nein, es ist eher so, als ob alte, fehlerhafte Software – Denkmuster –, die mit unserer glänzenden, neuen Hardware – unserem neuen Selbst – inkompatibel ist, das System zum Stolpern bringt.
Auf jeden Fall gilt:

Wenn einer im Messias sein Leben gefunden hat, dann ist er selbst eine neue Schöpfung.
2. Korinther 5,17; Das Buch, 2022
Ihr habt doch den alten Menschen mit seinen Gewohnheiten ausgezogen …
Kolosser 3,9; Gute Nachricht Bibel, 2018
… und habt den neuen Menschen angezogen, der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird, um ihn zu erkennen.
Kolosser 3,10; Einheitsübersetzung, 2016
Also: Ihr seid von der Sünde befreit worden und seid zu Dienern der Gerechtigkeit geworden.
Römer 6,18; Das Buch, 2022

Bist du schon mal über die folgenden Aussagen gestolpert?

… wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es bewahren ins ewige Leben.
Johannes 12,25; Zürcher Bibel, 2007
… Wenn jemand mein Jünger sein will, dann muss er sich selbst verleugnen, …
Matthäus 16,24; Neue evangelistische Übersetzung, 2025

Jesus verteilte kein Tagesprogramm. Er sprach davon, eine radikale, lebensverändernde Verbindung mit ihm einzugehen. Wenn man Jesus ernst nimmt, hasst man sein altes Leben, folgt ihm in den Tod und die Auferstehung, und – schwupps – ist man wiedergeboren. Ganz einfach, oder? Dein altes Ich? Verschwunden. Dein neues Ich? Lebendig und voller Energie, hier und jetzt.

Wer versucht, den Selbsthass und die Selbstverleugnung zu einer täglichen frommen Übung werden zu lassen, hat das Ziel verfehlt. Das ist dann ein tragisches Beispiel für ein theologisches Missverständnis. Die Bibel verkündet es laut und deutlich: Dein altes Ich wurde ein für alle Mal ans Kreuz genagelt [Römer 6,3–4].

Es geht nicht darum, sich einen geistlichen Todeswunsch zu erfüllen, sondern darum, im Sieg von Jesus’ Auferstehung zu leben. Hör auf, dein altes Ich ablegen zu wollen – das ist weg – du bist das neue Ich. Warum willst du versuchen, das loszuwerden, was Gott bereits neu geschaffen hat?
Die ständige Geschichte von der Selbstverleugnung klingt wie eine kaputte Schallplatte – sie hört sich grausam an. Sie ist eine düstere Botschaft der Selbstzerstörung, die den Sinn von Jesus’ vollbrachtem Werk am Kreuz verkennt.
Wir sind nicht dazu berufen, geistliche Zombie-Märtyrer zu sein, die in ständiger Selbstverleugnung auf Erden umherirren. Unser Sein ist nicht das eines »wandelnden Toten«, sondern das einer völlig neuen Schöpfung. In Gottes Gegenwart leben wir ein Leben, das eher einem farbenprächtigen Traumgewand gleicht als Sack und Asche. Lassen wir doch jeden Gedanken an Selbstzerstörung hinter uns und feiern stattdessen die strahlende Freude unseres neuen Selbst in Jesus.

Unser tägliches Ziel ist nicht zu sterben, sondern zu leben. Darum wage es, die Trostlosigkeit der Selbstverleugnung gegen die Schönheit eines erfüllten Lebens in Jesus einzutauschen und die Frucht des Geistes in ihrer ganzen Pracht zu zeigen. Ja, das Evangelium ist wirklich so gut. Du kannst du selbst sein und gleichzeitig Jesus zum Ausdruck bringen. Du bist kein Klotz an Gottes Bein – du bist sein Werkzeug, denn er hat dich gerechtgesprochen.

Und da stellt sich die Frage: Ist unsere Gerechtigkeit ein göttlicher Buchhaltungstrick oder eine echte Wandlung im Kern unseres Wesens?
Tatsächlich trifft beides zu. Paulus sagte:

Abraham glaubte Gott, und das ist ihm als Gerechtigkeit angerechnet worden.
Römer 4,3; Neue evangelistische Übersetzung, 2025

Ein göttlicher Eintrag ins himmlische Kontoblatt – wenn es so etwas überhaupt gibt! Doch bevor du denkst, deine Gerechtigkeit sei nur eine himmlische Buchung, solltest du bedenken, dass da noch viel mehr hintersteckt.
Der Galaterbrief hält eine Überraschung für uns bereit: Gerechtigkeit ist nicht nur ein fester Bestandteil unseres Lebens, sie wird uns bei der Errettung zuteil.

Wäre ein Gesetz gegeben worden, das die Kraft hat, lebendig zu machen, dann käme in der Tat die Gerechtigkeit aus dem Gesetz; …
Galater 3,21; Einheitsübersetzung, 2016

Das Gesetz kann uns kein Leben der Gerechtigkeit geben. Aber genau das tat Jesus: Er flößte uns sein Leben ein, und damit sind wir gerecht.
Jesus …

… wurde wieder zum Leben auferweckt, um uns gerecht zu machen.
Römer 4,25; Das Buch, 2022

Das ist kein bloßer Kontoeintrag; wir sind »auferstehungsgerecht« – eine echte, greifbare, vom Leben erfüllte Gerechtigkeit. Keine Illusionen, keine Täuschungen – nur wahre Heiligkeit.
Hier kommt die »Neugeburt von oben« ins Spiel. Sie ist keine Anleitung aus einem religiösen Selbsthilfeprogramm, sondern die Realität unseres neuen Lebens in Jesus. Seine DNA fließt durch uns und macht uns wahrhaftig gerecht, nicht nur auf dem Kontoblatt. Wenn Gott unser geistiger Vater ist, dann sind wir durch und durch gerecht.
Johannes bestätigt das und sagt, Gerechtigkeit sei unser neuer Normalzustand – sie liegt uns im Blut. Er wagt zu sagen:

… wer in ‹Gottes› Gerechtigkeit lebt, ist wie Christus gerecht.
1. Johannes 3,7; Neue evangelistische Übersetzung, 2025

Paulus spricht von unserem Wandel von Sündern zu Süchtigen nach Gerechtigkeit.

Frei gemacht aber von der Sünde, seid ihr Sklaven der Gerechtigkeit geworden.
Römer 6,18; Elberfelder Bibel, 2006

Das ist keine Bildersprache – so sind wir jetzt.
Fühlst du dich eher wie ein »Sündenpraktikant« als wie ein Meister der Gerechtigkeit? Paulus würde sagen: »Gefühle hin oder her – deine neue Neigung ist eine geistliche Tatsache, ganz einfach.«
Unsere Verbindung mit Jesus’ Tod und Auferstehung ist nicht nur etwas für Bibelquizabende; sie verändert unser Leben grundlegend.

Wie können wir, die wir für die Sünde tot sind, noch in ihr leben?
Römer 6,2; Einheitsübersetzung, 2016

Wir sind nicht nur die/der Ex der Sünde – wir haben uns mit der Gerechtigkeit wiederverheiratet. Wann hast du das letzte Mal über diese fantastische Wahrheit nachgedacht?
Sie ist kein theologisches Geschwätz, sondern das Fundament unseres Seins. Sobald wir Gottes Gerechtigkeit als die unsrige annehmen, legen wir die zerlumpten Kleider der Sünde ab.

Gib dich nicht mit einer oberflächlichen Darstellung deiner Rettung zufrieden. Unsere Gerechtigkeit ist keine fromme optische Täuschung, bei der Gott uns durch eine »Jesusbrille« zur Kenntnis nimmt. Wir sind zu einer Gerechtigkeit wiedergeboren, die genauso echt ist wie unser ehemaliges Sündersein. Gerechtigkeit prägt unser Selbstverständnis, unsere Beziehung zu Gott und unser Leben auf Erden.
Leider wird unsere Gerechtigkeit oft nur als fromme Fassade angesehen. Manche zitieren Paulus aus 1 Timotheus 1,15, wo er sich als »größten aller Sünder« bezeichnet, als wäre das ein lebenslanges Etikett. Doch Paulus blickt hier zurück, er beschreibt nicht seinen aktuellen Zustand. Er hob lediglich seinen Aufstieg vom »größten aller Sünder« zum Heiligen hervor. Das ist ein Wunder, das uns allen zugänglich ist.
Es ist an der Zeit, jede Theologie über Bord zu werfen, die uns nach Gerechtigkeit suchen lässt wie nach einem Schatz am Ende des Regenbogens. Wir suchen nicht danach; wir leben und atmen sie bereits. In unserem Alltag geht es nicht darum, gerecht zu werden, sondern darum, die Gerechtigkeit, die tief in uns verwurzelt ist, sichtbar werden zu lassen. Wir dürfen mutig und ohne Entschuldigung gerecht leben – nicht als fromme Prachtexemplare, sondern als lebendige Zeugnisse von Jesus’ Auferstehungskraft.
Gott schaut dich an, und weißt du was? Ihm gefällt, was er sieht. Aber das scheint religiösen Menschen nicht zu passen. Sie zitieren Paulus:

In Jesus sollt ihr den alten Menschen, also die alte Lebensweise, ablegen. Die richtet sich ja selbst zugrunde durch die trügerischen Begehrlichkeiten. Und ihr sollt euch in eurem Geist und Sinn erneuern lassen. Das könnt ihr, weil ihr den neuen Menschen angezogen habt, der in Gerechtigkeit und in Heiligkeit erschaffen ist, die beide aus der Wahrheit kommen.
Epheser 4,22–24; Das Buch, 2022

So, als wäre das Leben ein täglicher Kleiderwechsel.
Paulus erinnert an das, was den Leuten in Ephesus bei der ersten Verkündigung des Evangeliums beigebracht wurde. Ihnen wurde gelehrt, dass der Glaube an Jesus die Verwandlung in einen völlig neuen Menschen bedeutet. Paulus wollte damit jedoch nie auf einen täglichen geistlichen Persönlichkeitswechsel hinweisen. In seinem Brief an die Christen in Kolossä bringt er es noch deutlicher auf den Punkt: »Ihr habt den neuen Menschen angezogen.« Dies ist bereits mit der Bekehrung geschehen! Du hast deinen alten Menschen abgelegt und deinen neuen angezogen – es gibt kein Zurück mehr!

Dann möchte ich noch auf die verbreitete Fehlinterpretation der Aussage von Johannes dem Täufer eingehen:

Er muss wachsen, ich aber abnehmen.
Johannes 3,30; Elberfelder Bibel, 2006

Das ist kein geistliches Abnehmprogramm. Johannes spricht über den Wechsel von seinem Dienst zu dem von Jesus. Johannes wollte nicht vorschlagen, dass wir unser geistliches Selbst verkleinern, um in Gottes Plan zu passen. Er erklärte, dass er sich zurücknimmt, damit Jesus in den Vordergrund treten kann.

Und hier ist noch ein Irrtum.

Denn das Fleisch gelüstet gegen den Geist und der Geist gegen das Fleisch; und diese widerstreben einander, sodass ihr nicht das tut, was ihr wollt.
Galater 5,17; Schlachter Bibel, 2000

Glaubst du wirklich, Sünde gefällt dir? Und der Heilige Geist hält dich davon ab?
Das ist eine völlig falsche Auslegung! Die Wirklichkeit ist: Das Fleisch will dich hindern, ein gottgefälliges Leben zu führen, das dir gefällt. Kurzum: Du gehörst zu Gottes Team!

Wo wir gerade vom »Team« sprechen, muss ich auch den allzu verbreiteten Gedanken ansprechen: »Mehr von ihm, weniger von mir«.
Das mag zwar demütig und bescheiden klingen, ist aber völlig falsch. Gott hat nicht die Absicht, dich »weniger zu haben«, als wärst du ihm lästig. Es geht nicht darum, dich kleiner zu machen, sondern dich mit seinem Leben zu erfüllen und groß zu machen. Er möchte dich annehmen, nicht dich auslöschen!

Hast du schon mal den Gedanken gehört, dass Gott uns ständig formt, bis nichts mehr von uns übrig bleibt außer seinem Spiegelbild?
Da möchte ich mal etwas klarstellen. Gott ist kein Abrisskommando, das alles um uns herum zerstört, bis wir verschwinden. Er ist eher wie ein Feuer, das erleuchtet, ohne zu verzehren – wie der brennende Dornbusch oder das Pfingstfest. Seine Gegenwart vernichtet uns nicht; sie bereichert uns.

Eine weitere schräge Sicht handelt von der »Zerbrochenheit«. Da hat man geistliches Wachstum zu einer Art Freude an geistlicher Selbstquälerei verkommen lassen.
Doch die Wahrheit ist: Bevor Jesus in dein Leben kam, warst du zerbrochen, jetzt bist du heil. Wie weit weg von Gott muss man sein, wenn man das Evangelium als eine Anleitung zur Selbstzerstörung ansieht? Dein neues Sein in Jesus bedeutet, ein erfülltes Leben zu führen, nicht, jeden Tag in tausend Stücke zersplittert zu werden. Gottes Wirken in dir besteht nicht darin, dich ständig zu zerbrechen und neu zu erschaffen – du bist bereits heil in ihm und vollkommen.

Eine Version des Christentums, in der es nur um die Selbstverleugnung geht, entspricht nicht dem Evangelium der Gnade oder dem Evangelium von Gottes Reich. Die »Gute Nachricht« ermutigt uns, zu entdecken, wer wir in Jesus wirklich sind. Neue Geschöpfe, von Gott geboren mit einem einzigartigen Selbst. Und dieses maßgeschneiderte neue Selbst soll in Gottes Gegenwart nicht ausgelöscht werden oder so ein bisschen vor sich hinglimmen. Nein, es soll hell erstrahlen. Die revolutionäre Wahrheit ist: Du kannst du selbst sein und gleichzeitig Jesus zum Ausdruck bringen – ohne Konflikt, ohne Spannung, ohne Widerspruch.

Du bist kein Hindernis für Gott. Du bist sein Werkzeug, geschaffen für gute Werke und erfüllt von seinem Leben.
Erkennst du, dass du zu Gottes Team gehörst? Das verändert alles. Deine Gedanken, deine Wünsche, die tiefen Sehnsüchte deines Herzens sind nichts, wovor du dich fürchten oder was du hinterfragen musst – sie sind die Leinwand, auf der Gott sein Meisterwerk erschafft. Ganz du selbst zu sein, ist der authentischste Weg, Jesus sichtbar werden zu lassen. Du bist nicht hier, um dich zurückzuziehen, um dich kleinzumachen, um ein Nischendasein zu leben. Du bist hier, um aufzublühen – kühn, vollkommen und herrlich lebendig in ihm.

Was Gott bei der Erschaffung der ersten Menschen sagte, gilt ganz sicher auch für jedes von oben geborenes neues Geschöpf:

Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war tatsächlich sehr gut.
1. Mose 1,31; Neue evangelistische Übersetzung, 2025

Das ist auch Gottes Sicht von dir!