Der Auftrag heißt »Gnade«!
Gnade plus irgendetwas ist irgendetwas – aber garantiert keine Gnade.
Von den 83.577.000 Menschen, die in Deutschland wohnen, gehören 42.475.000 einer christlichen Kirche an. Davon besuchen 1.768.500 regelmäßig einen Gottesdienst. Das sind etwas mehr als 4 % aller Mitglieder einer christlichen Gemeinschaft.
Zu Weihnachten und Ostern sind die Kirchen voll, so als ob die Leute mal gucken wollen, ob sich etwas verändert hat. Wenn sie sehen, dass alles beim Alten ist, schauen sie in einem Jahr mal wieder vorbei.
Ein »Nichtkirchgänger« hat einmal gesagt: »Die Kirche ist für kirchlich orientierte Leute da. Ich bin nicht kirchlich orientiert.«
Interessanter Gedanke. Die Kirche ist für kirchlich orientierte Leute da wie der Golfplatz für Golfspieler, das Revier für Jäger, die Münzbörse für Münzsammler. Daraus folgt dann: Wenn Kirche etwas für kirchlich orientierte Menschen ist, dann muss das auch für die Botschaft von Jesus und die Botschaft der Gnade gelten.
Doch nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.
Jesus setzte alles daran, um Menschen, die Gott fern standen und vom religiösen Leben ausgeschlossen waren, von Gottes Gnade zu erzählen. Als hätte sein Vorbild nicht ausgereicht, gab er der kleinen Schar seiner Nachfolger am Tag der Himmelfahrt den Auftrag:
Von den 83.577.000 Menschen, die in Deutschland wohnen, gehören 42.475.000 einer christlichen Kirche an. Davon besuchen 1.768.500 regelmäßig einen Gottesdienst. Das sind etwas mehr als 4 % aller Mitglieder einer christlichen Gemeinschaft.
Zu Weihnachten und Ostern sind die Kirchen voll, so als ob die Leute mal gucken wollen, ob sich etwas verändert hat. Wenn sie sehen, dass alles beim Alten ist, schauen sie in einem Jahr mal wieder vorbei.
Ein »Nichtkirchgänger« hat einmal gesagt: »Die Kirche ist für kirchlich orientierte Leute da. Ich bin nicht kirchlich orientiert.«
Interessanter Gedanke. Die Kirche ist für kirchlich orientierte Leute da wie der Golfplatz für Golfspieler, das Revier für Jäger, die Münzbörse für Münzsammler. Daraus folgt dann: Wenn Kirche etwas für kirchlich orientierte Menschen ist, dann muss das auch für die Botschaft von Jesus und die Botschaft der Gnade gelten.
Doch nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.
Jesus setzte alles daran, um Menschen, die Gott fern standen und vom religiösen Leben ausgeschlossen waren, von Gottes Gnade zu erzählen. Als hätte sein Vorbild nicht ausgereicht, gab er der kleinen Schar seiner Nachfolger am Tag der Himmelfahrt den Auftrag:
Darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern; …
Matthäus 28,19; Neue Genfer Übersetzung, 2011
Die Apostel – die Gesandten auf Deutsch – hätten das eigentlich wissen müssen, und doch waren sie überrascht. Vielleicht aus folgendem Grund:
Als Jesus lehrte, sprach er häufig von Gottes Reich.
Seine Jünger hörten »unabhängiger Staat Israel«.
Seine Jünger hörten »unabhängiger Staat Israel«.
Doch Jesus hatte etwas anderes im Sinn. Statt Israel wieder groß und mächtig zu machen, gründete er einen Staat im Staat – die »Ekklesia« oder »Kirche«. Der griechische Begriff »Ekklesia« bedeutet schlicht und einfach »die Herausgerufene«.
In diesem Fall handelte es sich um aus der Menschheit »Herausgerufene«, mit einer ganz speziellen Aufgabe. Sie sollten sich als Gottes Botschafter der Gnade im Schneeballsystem über die ganze Erde ausbreiten.
Lukas gibt eine der letzten Anweisungen von Jesus so wieder:
In diesem Fall handelte es sich um aus der Menschheit »Herausgerufene«, mit einer ganz speziellen Aufgabe. Sie sollten sich als Gottes Botschafter der Gnade im Schneeballsystem über die ganze Erde ausbreiten.
Lukas gibt eine der letzten Anweisungen von Jesus so wieder:
Sondern ihr werdet Kraft empfangen, wenn der heilige Gottesgeist auf euch kommen wird. Dann werdet ihr meine Botschafter sein, verlässliche Zeugen, in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und bis in die letzten Winkel der Erde.«
Apostelgeschichte 1,8; Das Buch, 2022
Das bedeutet, dass Gottes Gnade ganz gezielt auch nichtreligiösen Menschen angeboten wird und solchen, die einer anderen Religion angehören.
Jesus hatte kein Problem damit, Menschen mit anderer Religion oder Weltanschauung zu bitten, sein Angebot der Vergebung und Gnade in Erwägung zu ziehen. Das ist wenig überraschend, denn er hatte die Lösung für das Problem, das jede Religion kannte: Sünde – der gescheiterte Versuch, sich an die Regeln und Vorschriften zu halten. Seine Botschaft gilt jedem Bewohner dieser Erde, ganz gleich, welche Weltanschauung er/sie hat. So wird erfüllt, was Gott Abraham versprochen hatte: Durch Jesus würden alle Völker der Erde gesegnet werden.
Die von Jesus »Herausgerufenen« sind Gottes wichtigstes Instrument, um die Botschaft der Gnade zu verbreiten. Darum ist eine christliche Ortsgemeinde eindeutig ein Werkzeug, das dem einzigen Zweck dient, Gottes Gnade zu den Menschen zu bringen.
Wenn der Eindruck entsteht, dass Kirche eine Selbstbeschäftigung für kirchlich orientierte Menschen geworden ist, hat die Gemeinde in ihrem Auftrag versagt. Das Bedürfnis nach Gnade hat ganz gewiss nicht abgenommen. Jeder Mensch wird mit seiner Schuld konfrontiert. Wenn diese Leute nicht von einer christlichen Gemeinde angezogen werden wie von einem Magnet, müssen die Kirchenmenschen ihre Außenwirkung überdenken.
Wenn die Weitergabe von Gnade nicht mehr das Zentrum der Gemeindeaktivitäten ist, nimmt irgendetwas anderes diesen Platz ein. Irgendetwas, das weniger wert ist als Gnade, aber wichtiger genommen wird. Und wie die Geschichte immer wieder gezeigt hat, kann die Kirche schnell zu einem gnadenlosen Ort werden.
Die Apostelgeschichte erzählt uns vom Start der Kirche.
Es geschahen unglaubliche Dinge. Innerhalb der ersten Tage bekehrten sich Tausende von jüdischen Männern und Frauen zu Jesus, dem Retter und Messias.
Doch dann geschah etwas Unerwartetes und Unerhörtes. Auch Nichtjuden nahmen Jesus als Retter an. Sie wollten sich der Gemeinde anschließen, die aus Judenchristen bestand. Die Mehrheit der Judenchristen war dazu allerdings nicht bereit. Jesus war ihr Messias. Schließlich war er Jude gewesen. Die meisten seiner Lehren drehten sich um Gottes Reich, und jeder Jude wusste, dass damit das »Königreich Israel« gemeint war.
Dann geriet die Situation total außer Kontrolle. Einige der Apostel reisten gezielt zu den Heiden und verkündeten dort Jesus – als Retter der Welt. Überall, wo Jesus gepredigt wurde, kamen Menschen zum Glauben. Die Apostel gründeten viele neue Ortsgemeinden.
Jesus hatte kein Problem damit, Menschen mit anderer Religion oder Weltanschauung zu bitten, sein Angebot der Vergebung und Gnade in Erwägung zu ziehen. Das ist wenig überraschend, denn er hatte die Lösung für das Problem, das jede Religion kannte: Sünde – der gescheiterte Versuch, sich an die Regeln und Vorschriften zu halten. Seine Botschaft gilt jedem Bewohner dieser Erde, ganz gleich, welche Weltanschauung er/sie hat. So wird erfüllt, was Gott Abraham versprochen hatte: Durch Jesus würden alle Völker der Erde gesegnet werden.
Die von Jesus »Herausgerufenen« sind Gottes wichtigstes Instrument, um die Botschaft der Gnade zu verbreiten. Darum ist eine christliche Ortsgemeinde eindeutig ein Werkzeug, das dem einzigen Zweck dient, Gottes Gnade zu den Menschen zu bringen.
Wenn der Eindruck entsteht, dass Kirche eine Selbstbeschäftigung für kirchlich orientierte Menschen geworden ist, hat die Gemeinde in ihrem Auftrag versagt. Das Bedürfnis nach Gnade hat ganz gewiss nicht abgenommen. Jeder Mensch wird mit seiner Schuld konfrontiert. Wenn diese Leute nicht von einer christlichen Gemeinde angezogen werden wie von einem Magnet, müssen die Kirchenmenschen ihre Außenwirkung überdenken.
Wenn die Weitergabe von Gnade nicht mehr das Zentrum der Gemeindeaktivitäten ist, nimmt irgendetwas anderes diesen Platz ein. Irgendetwas, das weniger wert ist als Gnade, aber wichtiger genommen wird. Und wie die Geschichte immer wieder gezeigt hat, kann die Kirche schnell zu einem gnadenlosen Ort werden.
Die Apostelgeschichte erzählt uns vom Start der Kirche.
Es geschahen unglaubliche Dinge. Innerhalb der ersten Tage bekehrten sich Tausende von jüdischen Männern und Frauen zu Jesus, dem Retter und Messias.
Doch dann geschah etwas Unerwartetes und Unerhörtes. Auch Nichtjuden nahmen Jesus als Retter an. Sie wollten sich der Gemeinde anschließen, die aus Judenchristen bestand. Die Mehrheit der Judenchristen war dazu allerdings nicht bereit. Jesus war ihr Messias. Schließlich war er Jude gewesen. Die meisten seiner Lehren drehten sich um Gottes Reich, und jeder Jude wusste, dass damit das »Königreich Israel« gemeint war.
Dann geriet die Situation total außer Kontrolle. Einige der Apostel reisten gezielt zu den Heiden und verkündeten dort Jesus – als Retter der Welt. Überall, wo Jesus gepredigt wurde, kamen Menschen zum Glauben. Die Apostel gründeten viele neue Ortsgemeinden.
Diese neuen Jesusnachfolger brannten für ihren Retter und wollten dazugehören.
Doch sie wussten nichts über die Sabbatheiligung.
Sie wussten nichts über die rituellen Reinheitsvorschriften.
Die Ernährungsvorschriften waren ihnen fremd.
Sie verstanden das Opfersystem nicht.
Sie kannte kaum eins der 613 Gesetze.
Doch sie wussten nichts über die Sabbatheiligung.
Sie wussten nichts über die rituellen Reinheitsvorschriften.
Die Ernährungsvorschriften waren ihnen fremd.
Sie verstanden das Opfersystem nicht.
Sie kannte kaum eins der 613 Gesetze.
Die ganze Situation entwickelte sich zu einem einzigen Chaos.
Sie wollten bei der Party mitfeiern, ohne von den anderen Gästen eingeladen worden zu sein.
Um die Sache noch komplizierter zu machen: Die Heidenchristen brachten ihre Sitten, Gebräuche und Werte mit. Und die Juden nahmen an dem »gesetzlosen« Lebensstil der Heiden Anstoß. Einige ihrer Verhaltensweisen waren geradezu ein Frevel. Vor allem, was ihre Essgewohnheiten betraf.
Es ist also nicht schwer zu verstehen, warum die Judenchristen des ersten Jahrhunderts sich von diesem plötzlichen Zustrom von Außenseitern, die keine praktizierenden Juden waren, bedroht fühlten. Den traditionell denkenden Juden, die Jesus als Messias angenommen hatten, waren die »Heiden« ein Dorn im Auge. Und das ist auch verständlich.
Außenstehende betrachteten das Christentum als Gruppierung – als »Sekte« – innerhalb des Judentums. Messianische Juden sahen sich im ersten Jahrhundert nicht als Konvertiten, die eine neue Religion angenommen hatten. Sie waren Juden, die an Jesus als ihren jüdischen Messias glaubten. Wenn jemand konvertieren musste, dann ganz sicher die Nichtjuden. Für die Judenchristen gab es darum nur eine plausible Lösung für das sich auftürmende Problem: Die Heiden müssen Juden werden, bevor sie ein Jünger von Jesus werden können und sich, wie man damals sagte, »dem Weg« anschließen wollten.
Wenn jüdisch zu werden einfach darin bestanden hätte, sich in hebräischer Theologie und jüdischen Sitten unterweisen zu lassen, wäre das vermutlich keine große Sache gewesen. Für die Männer bedeutete es jedoch mehr. Sehr viel mehr. Wer Jude werden wollte, musste sich einer Operation unterziehen.
Wenn du glaubst, dass deine Gemeinde hohe Anforderungen an die stellt, die Mitglied werden möchten, dann denke an die Juden!
Um die Sache noch komplizierter zu machen: Die Heidenchristen brachten ihre Sitten, Gebräuche und Werte mit. Und die Juden nahmen an dem »gesetzlosen« Lebensstil der Heiden Anstoß. Einige ihrer Verhaltensweisen waren geradezu ein Frevel. Vor allem, was ihre Essgewohnheiten betraf.
Es ist also nicht schwer zu verstehen, warum die Judenchristen des ersten Jahrhunderts sich von diesem plötzlichen Zustrom von Außenseitern, die keine praktizierenden Juden waren, bedroht fühlten. Den traditionell denkenden Juden, die Jesus als Messias angenommen hatten, waren die »Heiden« ein Dorn im Auge. Und das ist auch verständlich.
Außenstehende betrachteten das Christentum als Gruppierung – als »Sekte« – innerhalb des Judentums. Messianische Juden sahen sich im ersten Jahrhundert nicht als Konvertiten, die eine neue Religion angenommen hatten. Sie waren Juden, die an Jesus als ihren jüdischen Messias glaubten. Wenn jemand konvertieren musste, dann ganz sicher die Nichtjuden. Für die Judenchristen gab es darum nur eine plausible Lösung für das sich auftürmende Problem: Die Heiden müssen Juden werden, bevor sie ein Jünger von Jesus werden können und sich, wie man damals sagte, »dem Weg« anschließen wollten.
Wenn jüdisch zu werden einfach darin bestanden hätte, sich in hebräischer Theologie und jüdischen Sitten unterweisen zu lassen, wäre das vermutlich keine große Sache gewesen. Für die Männer bedeutete es jedoch mehr. Sehr viel mehr. Wer Jude werden wollte, musste sich einer Operation unterziehen.
Wenn du glaubst, dass deine Gemeinde hohe Anforderungen an die stellt, die Mitglied werden möchten, dann denke an die Juden!
Wer sich nicht beschneiden lässt, so wie es in Moses Gesetz vorgeschrieben ist, kann nicht gerettet werden.
Apostelgeschichte 15,1; Hoffnung für alle, 2015
Kurz gesagt: In den Kursen zur Mitgliedschaft drängten sich Frauen und Mädchen, während die Männer draußen im Auto warteten.
Doch die Beschneidung war nur der Anfang.
Man verlangte von Heiden, die zum Judentum übertreten wollten, dass sie ab sofort das ganze mosaische Gesetz beachten. Für den Durchschnittsjuden war das schon schwer zu schaffen, obwohl er damit aufgewachsen war. Für einen erwachsenen Nichtjuden, dessen Lebensstil vor allem von griechischen und römischen Werten und Traditionen geprägt war, war es ein Ding der Unmöglichkeit. Allein das Gesetz zu studieren, konnte Jahre dauern.
Wenn all das eine Voraussetzung dafür war, Jesus nachzufolgen, wer konnte es dann?
Obwohl dieser neue Maßstab für die Mitgliedschaft in der »Ekklesia« von Juden gefordert wurde, blühte die Kirche praktisch überall auf, wo die Botschaft von Jesus verkündigt wurde.
Das galt auch für die heidnische Stadt Antiochia, etwa fünfhundert Kilometer nördlich von Jerusalem gelegen. Die Apostel Paulus und Barnabas hatten sich diese Stadt vorgenommen. Gemeinsam predigten sie das Evangelium der Gnade, und viele Nichtjuden nahmen das Angebot der Errettung an.
Schließlich hörte man in Jerusalem davon, dass in Antiochia viele Nichtjuden Christen wurden, ohne auch nur in Erwägung zu ziehen, zum Judentum überzutreten.
Den Traditionalisten unter den Judenchristen in Jerusalem stieß das sauer auf. Eine Delegation wurde zusammengestellt und nach Antiochia geschickt, um dort dafür zu sorgen, dass die Regeln eingehalten werden. Das machte natürlich alles nur noch schlimmer.
So beunruhigend es auch war, dass sie die Beachtung des Gesetzes forderten — etwas anderes wirkte noch viel zerstörerischer. Indem sie darauf bestanden, dass Nichtjuden sich zum Judentum bekehren mussten, unterliefen sie Jesus’ Botschaft von Gottes Gnade. Die Erlösung war kein Geschenk mehr, sondern musste erarbeitet und verdient werden. Daher wusste niemand, wie er eigentlich vor Gott dastand.
Das Christentum war auf dem besten Weg, zu einer weiteren gnadenlosen Religion zu werden.
Um diesen Konflikt zu lösen, schickten die Leiter der Gemeinde in Antiochia Barnabas, Paulus und noch einige Männer nach Jerusalem. Sie hofften, die Apostel dort würden ein offizielles, klärendes Wort sprechen.
Als überall im Römischen Reich neue Gemeinden entstanden, erkannte man die Autorität der Apostel auch in Leitungsfragen an. Schließlich hatten diese Männer Jesus drei Jahre lang begleitet und ihm zugehört. Wenn irgendjemand wusste, wie man in der augenblicklichen Situation in Jesus’ Sinn handeln sollte, dann sie.
Als die Gruppe aus Antiochia in Jerusalem eintraf, wurden sie herzlich aufgenommen. Barnabas und Paulus erzählten vom außergewöhnlichen Wachstum der Gemeinde. Insbesondere betonten sie die große Zahl der Heiden, die sich zu Jesus bekehrt hatten.
Lukas berichtet:
Doch die Beschneidung war nur der Anfang.
Man verlangte von Heiden, die zum Judentum übertreten wollten, dass sie ab sofort das ganze mosaische Gesetz beachten. Für den Durchschnittsjuden war das schon schwer zu schaffen, obwohl er damit aufgewachsen war. Für einen erwachsenen Nichtjuden, dessen Lebensstil vor allem von griechischen und römischen Werten und Traditionen geprägt war, war es ein Ding der Unmöglichkeit. Allein das Gesetz zu studieren, konnte Jahre dauern.
Wenn all das eine Voraussetzung dafür war, Jesus nachzufolgen, wer konnte es dann?
Obwohl dieser neue Maßstab für die Mitgliedschaft in der »Ekklesia« von Juden gefordert wurde, blühte die Kirche praktisch überall auf, wo die Botschaft von Jesus verkündigt wurde.
Das galt auch für die heidnische Stadt Antiochia, etwa fünfhundert Kilometer nördlich von Jerusalem gelegen. Die Apostel Paulus und Barnabas hatten sich diese Stadt vorgenommen. Gemeinsam predigten sie das Evangelium der Gnade, und viele Nichtjuden nahmen das Angebot der Errettung an.
Schließlich hörte man in Jerusalem davon, dass in Antiochia viele Nichtjuden Christen wurden, ohne auch nur in Erwägung zu ziehen, zum Judentum überzutreten.
Den Traditionalisten unter den Judenchristen in Jerusalem stieß das sauer auf. Eine Delegation wurde zusammengestellt und nach Antiochia geschickt, um dort dafür zu sorgen, dass die Regeln eingehalten werden. Das machte natürlich alles nur noch schlimmer.
So beunruhigend es auch war, dass sie die Beachtung des Gesetzes forderten — etwas anderes wirkte noch viel zerstörerischer. Indem sie darauf bestanden, dass Nichtjuden sich zum Judentum bekehren mussten, unterliefen sie Jesus’ Botschaft von Gottes Gnade. Die Erlösung war kein Geschenk mehr, sondern musste erarbeitet und verdient werden. Daher wusste niemand, wie er eigentlich vor Gott dastand.
Das Christentum war auf dem besten Weg, zu einer weiteren gnadenlosen Religion zu werden.
Um diesen Konflikt zu lösen, schickten die Leiter der Gemeinde in Antiochia Barnabas, Paulus und noch einige Männer nach Jerusalem. Sie hofften, die Apostel dort würden ein offizielles, klärendes Wort sprechen.
Als überall im Römischen Reich neue Gemeinden entstanden, erkannte man die Autorität der Apostel auch in Leitungsfragen an. Schließlich hatten diese Männer Jesus drei Jahre lang begleitet und ihm zugehört. Wenn irgendjemand wusste, wie man in der augenblicklichen Situation in Jesus’ Sinn handeln sollte, dann sie.
Als die Gruppe aus Antiochia in Jerusalem eintraf, wurden sie herzlich aufgenommen. Barnabas und Paulus erzählten vom außergewöhnlichen Wachstum der Gemeinde. Insbesondere betonten sie die große Zahl der Heiden, die sich zu Jesus bekehrt hatten.
Lukas berichtet:
Doch einige, die zur Partei der Pharisäer gehörten und zum Glauben ´an Jesus` gekommen waren, standen auf und erklärten: »Man muss die Nichtjuden beschneiden und dazu auffordern, das Gesetz des Mose zu befolgen!«
Apostelgeschichte 15,5; Neue Genfer Übersetzung, 2011
Weil sie stets eifrig darum bemüht gewesen waren, das Gesetz zu halten, konnten sie diese Gewohnheit nicht einfach ablegen.
Diese christlichen Pharisäer waren wohl erst nach der Auferstehung zum Glauben gekommen. Daher waren sie mit Jesus’ Lehren nicht so vertraut wie die anderen.
Nach einer längeren Debatte meldete sich Petrus zu Wort. Er sprach über seine eigenen Erfahrungen mit den Heiden und dem Evangelium. Gott hatte Petrus eindeutig klargemacht, dass jeder Mensch das Heil zu denselben Bedingungen geschenkt bekommt: Vertrauen in Jesus’ Rettungstat. Petrus argumentierte:
Nach einer längeren Debatte meldete sich Petrus zu Wort. Er sprach über seine eigenen Erfahrungen mit den Heiden und dem Evangelium. Gott hatte Petrus eindeutig klargemacht, dass jeder Mensch das Heil zu denselben Bedingungen geschenkt bekommt: Vertrauen in Jesus’ Rettungstat. Petrus argumentierte:
Gott machte zwischen ihnen und uns keinen Unterschied. Und durch den Glauben hat er auch ihre Herzen gereinigt. Warum wollt ihr Gott jetzt herausfordern und diesen Jüngern ein Joch auferlegen, das weder unsere Vorfahren noch wir selbst tragen konnten?
Apostelgeschichte 15,9-10; Neue evangelistische Übersetzung, 2025
Auf gut Deutsch: »Meine jüdischen Freunde, machen wir uns nichts vor. Nicht einmal wir kommen mit dem Gesetz klar. Dieses Joch würden wir doch liebend gerne abschütteln. Warum sollten wir es dann den Heidenchristen auflegen?«
Ein sehr überzeugendes Argument. Petrus fuhr fort:
Wir glauben im Gegenteil, durch die Gnade Jesu, des Herrn, gerettet zu werden, auf die gleiche Weise wie jene.
Apostelgeschichte 15,11; Einheitsübersetzung, 2016
Hier wurde ein regelrechter Kampf um die Gnade geführt.
Petrus wusste:
Wenn man von der Gnade auch nur eine dünne Schicht abkratzt, ist es keine Gnade mehr.
Und wenn man zur Gnade etwas hinzufügt, ist es auch keine Gnade mehr.
Und wenn man zur Gnade etwas hinzufügt, ist es auch keine Gnade mehr.
Als Petrus fertig war, wandten sich alle an Jakobus.
Jesus’ Bruder war ein einflussreicher Leiter der Ekklesia in Jerusalem. Sein Wort hatte immenses Gewicht.
Wie die Pharisäer war wohl auch Jakobus erst nach Jesus’ Auferstehung zum Glauben gekommen. Ebenso wie Petrus war er der Meinung, dass man Nichtjuden nicht erst dann in die christliche Gemeinschaft aufnehmen sollte, wenn sie zuvor zum Judentum übergetreten waren. Nachdem er einige Verse aus dem Propheten Amos zitiert hatte, die seine Ansicht stützten, meinte er:
Wie die Pharisäer war wohl auch Jakobus erst nach Jesus’ Auferstehung zum Glauben gekommen. Ebenso wie Petrus war er der Meinung, dass man Nichtjuden nicht erst dann in die christliche Gemeinschaft aufnehmen sollte, wenn sie zuvor zum Judentum übergetreten waren. Nachdem er einige Verse aus dem Propheten Amos zitiert hatte, die seine Ansicht stützten, meinte er:
Darum halte ich es für richtig, den Heiden, die sich zu Gott bekehren, keine Lasten aufzubürden; …
Apostelgeschichte 15,19; Einheitsübersetzung, 2016
Das ist eine zentrale Aussage für jegliche christliche Mission: Die Kirche darf es Menschen nicht schwer machen, sich Gott zuzuwenden.
Von Anfang an neigte die Kirche aber dazu, den Menschen hohe Hürden in den Weg zu stellen, die Gottes Rettung annehmen wollten. Vielen – die meinen in der Kirche etwas zu sagen zu haben – reicht »allein die Gnade« einfach nicht aus. Religiöse Menschen neigen dazu, alles komplizierter machen.
Petrus und Jakobus bezogen eindeutig Stellung dagegen, das Evangelium umständlich zu machen. Dabei begriffen sie durchaus, dass ein Jude in seiner Traditionen gefühlsmäßig tief verwurzelt war. Schließlich hatten die meisten ihrer Bräuche und Rituale mehr als eintausend Jahre lang ihre religiöse und nationale Identität geprägt.
Doch die Jerusalemer Gemeindeleiter sahen auch, dass Gott mächtig unter den Heiden wirkt. Den Heiden, die zu Gott kamen, sollten keine zusätzlichen Hindernisse in den Weg gelegt werden. Dennoch erschien es ihnen doch für weise, den Nichtjuden um der Einheit willen drei Verhaltensregeln nahezulegen. Daher sandten sie den Heidenchristen folgenden Brief:
Von Anfang an neigte die Kirche aber dazu, den Menschen hohe Hürden in den Weg zu stellen, die Gottes Rettung annehmen wollten. Vielen – die meinen in der Kirche etwas zu sagen zu haben – reicht »allein die Gnade« einfach nicht aus. Religiöse Menschen neigen dazu, alles komplizierter machen.
Petrus und Jakobus bezogen eindeutig Stellung dagegen, das Evangelium umständlich zu machen. Dabei begriffen sie durchaus, dass ein Jude in seiner Traditionen gefühlsmäßig tief verwurzelt war. Schließlich hatten die meisten ihrer Bräuche und Rituale mehr als eintausend Jahre lang ihre religiöse und nationale Identität geprägt.
Doch die Jerusalemer Gemeindeleiter sahen auch, dass Gott mächtig unter den Heiden wirkt. Den Heiden, die zu Gott kamen, sollten keine zusätzlichen Hindernisse in den Weg gelegt werden. Dennoch erschien es ihnen doch für weise, den Nichtjuden um der Einheit willen drei Verhaltensregeln nahezulegen. Daher sandten sie den Heidenchristen folgenden Brief:
»Wir, die Apostel und die Gemeindeleiter, schreiben euch, die ihr aus den verschiedensten Nationen stammt und in Antiochia und Syrien und Zilizien wohnt, mit herzlichem Gruß!
Wir haben erfahren, dass einige Leute, die von uns kamen, euch mit bestimmten Aussagen in Unruhe versetzt haben und eure Gemüter durcheinander gebracht haben. Übrigens haben wir sie gar nicht beauftragt!
Deshalb schien es uns nun richtig, nachdem wir unter uns zur Einmütigkeit gekommen sind, einige Männer auszuwählen und sie zu euch zu schicken, zusammen mit Barnabas und Paulus, die wir sehr schätzen. Sie sind ja Leute, die sich selbst ganz zur Verfügung gestellt haben für den Namen unseres Herrn Jesus, den Messias. Wir haben deshalb Judas und Silas zu euch gesandt, damit sie auch noch einmal mündlich genau dasselbe weitergeben.
Denn es schien dem heiligen Gottesgeist und auch uns gut und richtig, euch keine weitere Bestimmung mehr aufzuerlegen als diese grundlegend notwendigen Dinge:
Ihr sollt euch fernhalten von den Opferungen für die heidnischen Götter, vom Blutvergießen, dem Verzehr von Fleisch, in dem noch das Blut ist, und von sexuellem Fehlverhalten.
Wenn ihr diese Dinge beachtet, dann tut ihr genau das Richtige. Lebt wohl!«
Wir haben erfahren, dass einige Leute, die von uns kamen, euch mit bestimmten Aussagen in Unruhe versetzt haben und eure Gemüter durcheinander gebracht haben. Übrigens haben wir sie gar nicht beauftragt!
Deshalb schien es uns nun richtig, nachdem wir unter uns zur Einmütigkeit gekommen sind, einige Männer auszuwählen und sie zu euch zu schicken, zusammen mit Barnabas und Paulus, die wir sehr schätzen. Sie sind ja Leute, die sich selbst ganz zur Verfügung gestellt haben für den Namen unseres Herrn Jesus, den Messias. Wir haben deshalb Judas und Silas zu euch gesandt, damit sie auch noch einmal mündlich genau dasselbe weitergeben.
Denn es schien dem heiligen Gottesgeist und auch uns gut und richtig, euch keine weitere Bestimmung mehr aufzuerlegen als diese grundlegend notwendigen Dinge:
Ihr sollt euch fernhalten von den Opferungen für die heidnischen Götter, vom Blutvergießen, dem Verzehr von Fleisch, in dem noch das Blut ist, und von sexuellem Fehlverhalten.
Wenn ihr diese Dinge beachtet, dann tut ihr genau das Richtige. Lebt wohl!«
Apostelgeschichte 15,23-29; Das Buch, 2022
Sie vereinfachten, was unnötig kompliziert geworden war. Damit retteten sie die Gnade.
Als die Delegation aus Jerusalem in Antiochia eintraf, wurde der Brief vor der versammelten Gemeinde verlesen. Wie man sich vorstellen kann, wurde er positiv aufgenommen. Vor allen Dingen von den Männern. Niemand musste mehr zum Judentum übertreten, um Christ zu werden. Die Heidenchristen konnten einfach zusammen mit ihren jüdischen Brüdern und Schwestern an den auferstandenen Messias glauben. So einfach war das.
Doch leider blieb es nicht so.
Im zweiten Jahrhundert war die Botschaft wieder kompliziert geworden. Dutzende von miteinander konkurrierenden Irrlehren und falschen Evangelien gaukelten den Menschen vor, dass Erlösung ein praktisch unerreichbares Ziel sei.
Im vierten Jahrhundert wurde das Christentum zur offiziellen Religion im Römischen Reich, was zwar der Verfolgung durch die Regierung ein Ende setzte, andererseits für eine außergewöhnliche religiöse Unübersichtlichkeit sorgte.
Im elften Jahrhundert versprach Papst Urban II. allen, die sich bereit erklärten in das Heilige Land einzumarschieren und Jerusalem zu befreien, einen sofort wirksamen Ablass. Das bedeutete, dass die Zeit, die man einmal im Fegefeuer verbringen müsste, auf »Null« gesetzt wird. Zehntausende von europäischen »Christen« ließen sich auf dieses Angebot ein. Unterwegs metzelten sie wahllos Muslime und Juden nieder.
All das wurde durch ein kompliziertes theologisches System möglich, das Werte vertrat, die in direktem Gegensatz Jesus’ Lehre standen. Männer marschierten in den Tod, in der Überzeugung, dass sie sich mit ihrem mörderischen Einsatz im Namen der Kirche einen Platz im Himmel verdienten.
So etwas wiederholte sich im fünfzehnten Jahrhundert in der Spanischen Inquisition.
Untersuchungsrichter wurden von der Kirche beauftragt, all jene aufzuspüren, die ihre Religion in einer Weise auslebten, die von den Kirchenfürsten als Ketzerei verdammt worden war. Tausende wurden gefoltert, damit sie »Sünden« bekannten, die sie niemals begangen hatten. Während dieser Terrorherrschaft verschwand die Botschaft von Gottes Gnade fast völlig und wurde durch Folter und Hinrichtung ersetzt. Man konnte verhaftet werden, weil man bei der Eucharistie die falsche Oblate benutzt oder versäumt hatte, an einem bestimmten Feiertag zur Kirche zu gehen.
Das sechzehnte Jahrhundert war das Zeitalter der Reformation, die die Kirche zur ursprünglichen, einfachen Wahrheit von der »Errettung allein aus Gnade«, »allein durch Jesus« zurückführen wollte. Die Reformatoren verwandten viel Mühe darauf, die Botschaft des Evangeliums jedem Menschen zugänglich zu machen. Gottesdienste wurden nun in der Volkssprache und nicht mehr in Latein abgehalten. Die Bibel wurde in eine Vielzahl von Sprachen übersetzt und in vielen Exemplaren verbreitet.
Doch Gottes Gnade fand in den Kirchen kein Platz. Sie spalteten sich im Laufe der Zeit.
In einem internationalen Bericht für Missionsforschung von 2011 gibt es über 42.000 christliche Konfessionen und Denominationen. Viele davon halten sich für die einzigen wahren Christen und betonen, was sie angeblich besser sein lässt als die anderen.
Man kann nur staunen, wie die einfache Botschaft von Gottes Gnade so unübersichtlich werden konnte, dass einem ganz schwindlig wird. Da ist es dann auch kein Wunder, dass die Menschen der Kirche in Scharen fernbleiben.
Wir haben genau das getan, wovon Jakobus der Gemeinde im ersten Jahrhundert abriet. Wir machen es denjenigen schwer, die zu Gott kommen wollen. So sollte es nicht sein. Und so muss es auch nicht sein.
Die Kirche ist dann am attraktivsten, wenn die Botschaft der Gnade am deutlichsten wird. Jesusnachfolger müssen manchmal gegen die natürliche Neigung ankämpfen, eine Kirche allein für Christen ihrer Couleur zu werden. Doch es ist der Mühe wert, sich diesem Kampf zu stellen.
Warum setzt sich nicht jede einzelne Gemeinde zum Ziel, ein Anziehungspunkt für kirchenferne Menschen zu sein? Es ist schade, dass die meisten Gemeinden sich einer Kultur »von Christen für Christen« verschrieben haben.
Wie kann es sein, dass in Gemeinden über den Missionsbefehl gepredigt wird, Lieder über den Missionsbefehl gesungen werden, jedoch nichts getan wird, die Gemeinde wirklich um den Missionsbefehl herum zu organisieren? Ja, hin und wieder redet man in Gemeinden auch über Gnade und singt »O Glück der Gnade! Gottes Hand und Augen suchten mich. Ich war verlorn, bis er mich fand, war blind, jetzt sehe ich.« Gleichzeitig aber schafft man gnadenlose Gemeinschaften, wo nur die willkommen sind, die sich den hochgelegten Zutrittsritualen fügen und sich an die ausgefeilten Regeln halten.
Es besteht aber ein großer Unterschied darin, ein paar Worte über Gnade zu verlieren oder eine Gemeinschaft der Gnade ins Leben zu rufen. Doch Jesus kam, um genau so eine Gemeinschaft zu schaffen. Er rief Menschen – die hörten – heraus aus der Menge, die seine Stimme nicht hörte. Es sollte eine Gemeinschaft sein, die das feiert, was auch der Vater feiert: wenn Sünder Gottes Gnade kennenlernen und nach Hause kommen.
Die Gemeinde ist Gottes Instrument, um seine Gnade in der Welt zu verbreiten – erfahrbar zu machen und beispielhaft vorzuleben. Die Gemeinde ist die Verwalterin seiner Gnade. Sie hat die Aufgabe, unsere Stadtviertel, Städte, Staaten und die ganze Welt Gottes Gnade auszusetzen. Das ist unser Auftrag. Dazu sind wir eingeladen. Es gibt keinen Plan B. Wir sind am Zug. Wir sind die Verwalter derselben Gnade, die im Garten Eden ausgegossen wurde, nachdem die Sünde alles Geschaffene befleckt hatte.
Als die Delegation aus Jerusalem in Antiochia eintraf, wurde der Brief vor der versammelten Gemeinde verlesen. Wie man sich vorstellen kann, wurde er positiv aufgenommen. Vor allen Dingen von den Männern. Niemand musste mehr zum Judentum übertreten, um Christ zu werden. Die Heidenchristen konnten einfach zusammen mit ihren jüdischen Brüdern und Schwestern an den auferstandenen Messias glauben. So einfach war das.
Doch leider blieb es nicht so.
Im zweiten Jahrhundert war die Botschaft wieder kompliziert geworden. Dutzende von miteinander konkurrierenden Irrlehren und falschen Evangelien gaukelten den Menschen vor, dass Erlösung ein praktisch unerreichbares Ziel sei.
Im vierten Jahrhundert wurde das Christentum zur offiziellen Religion im Römischen Reich, was zwar der Verfolgung durch die Regierung ein Ende setzte, andererseits für eine außergewöhnliche religiöse Unübersichtlichkeit sorgte.
Im elften Jahrhundert versprach Papst Urban II. allen, die sich bereit erklärten in das Heilige Land einzumarschieren und Jerusalem zu befreien, einen sofort wirksamen Ablass. Das bedeutete, dass die Zeit, die man einmal im Fegefeuer verbringen müsste, auf »Null« gesetzt wird. Zehntausende von europäischen »Christen« ließen sich auf dieses Angebot ein. Unterwegs metzelten sie wahllos Muslime und Juden nieder.
All das wurde durch ein kompliziertes theologisches System möglich, das Werte vertrat, die in direktem Gegensatz Jesus’ Lehre standen. Männer marschierten in den Tod, in der Überzeugung, dass sie sich mit ihrem mörderischen Einsatz im Namen der Kirche einen Platz im Himmel verdienten.
So etwas wiederholte sich im fünfzehnten Jahrhundert in der Spanischen Inquisition.
Untersuchungsrichter wurden von der Kirche beauftragt, all jene aufzuspüren, die ihre Religion in einer Weise auslebten, die von den Kirchenfürsten als Ketzerei verdammt worden war. Tausende wurden gefoltert, damit sie »Sünden« bekannten, die sie niemals begangen hatten. Während dieser Terrorherrschaft verschwand die Botschaft von Gottes Gnade fast völlig und wurde durch Folter und Hinrichtung ersetzt. Man konnte verhaftet werden, weil man bei der Eucharistie die falsche Oblate benutzt oder versäumt hatte, an einem bestimmten Feiertag zur Kirche zu gehen.
Das sechzehnte Jahrhundert war das Zeitalter der Reformation, die die Kirche zur ursprünglichen, einfachen Wahrheit von der »Errettung allein aus Gnade«, »allein durch Jesus« zurückführen wollte. Die Reformatoren verwandten viel Mühe darauf, die Botschaft des Evangeliums jedem Menschen zugänglich zu machen. Gottesdienste wurden nun in der Volkssprache und nicht mehr in Latein abgehalten. Die Bibel wurde in eine Vielzahl von Sprachen übersetzt und in vielen Exemplaren verbreitet.
Doch Gottes Gnade fand in den Kirchen kein Platz. Sie spalteten sich im Laufe der Zeit.
In einem internationalen Bericht für Missionsforschung von 2011 gibt es über 42.000 christliche Konfessionen und Denominationen. Viele davon halten sich für die einzigen wahren Christen und betonen, was sie angeblich besser sein lässt als die anderen.
Man kann nur staunen, wie die einfache Botschaft von Gottes Gnade so unübersichtlich werden konnte, dass einem ganz schwindlig wird. Da ist es dann auch kein Wunder, dass die Menschen der Kirche in Scharen fernbleiben.
Wir haben genau das getan, wovon Jakobus der Gemeinde im ersten Jahrhundert abriet. Wir machen es denjenigen schwer, die zu Gott kommen wollen. So sollte es nicht sein. Und so muss es auch nicht sein.
Die Kirche ist dann am attraktivsten, wenn die Botschaft der Gnade am deutlichsten wird. Jesusnachfolger müssen manchmal gegen die natürliche Neigung ankämpfen, eine Kirche allein für Christen ihrer Couleur zu werden. Doch es ist der Mühe wert, sich diesem Kampf zu stellen.
Warum setzt sich nicht jede einzelne Gemeinde zum Ziel, ein Anziehungspunkt für kirchenferne Menschen zu sein? Es ist schade, dass die meisten Gemeinden sich einer Kultur »von Christen für Christen« verschrieben haben.
Wie kann es sein, dass in Gemeinden über den Missionsbefehl gepredigt wird, Lieder über den Missionsbefehl gesungen werden, jedoch nichts getan wird, die Gemeinde wirklich um den Missionsbefehl herum zu organisieren? Ja, hin und wieder redet man in Gemeinden auch über Gnade und singt »O Glück der Gnade! Gottes Hand und Augen suchten mich. Ich war verlorn, bis er mich fand, war blind, jetzt sehe ich.« Gleichzeitig aber schafft man gnadenlose Gemeinschaften, wo nur die willkommen sind, die sich den hochgelegten Zutrittsritualen fügen und sich an die ausgefeilten Regeln halten.
Es besteht aber ein großer Unterschied darin, ein paar Worte über Gnade zu verlieren oder eine Gemeinschaft der Gnade ins Leben zu rufen. Doch Jesus kam, um genau so eine Gemeinschaft zu schaffen. Er rief Menschen – die hörten – heraus aus der Menge, die seine Stimme nicht hörte. Es sollte eine Gemeinschaft sein, die das feiert, was auch der Vater feiert: wenn Sünder Gottes Gnade kennenlernen und nach Hause kommen.
Die Gemeinde ist Gottes Instrument, um seine Gnade in der Welt zu verbreiten – erfahrbar zu machen und beispielhaft vorzuleben. Die Gemeinde ist die Verwalterin seiner Gnade. Sie hat die Aufgabe, unsere Stadtviertel, Städte, Staaten und die ganze Welt Gottes Gnade auszusetzen. Das ist unser Auftrag. Dazu sind wir eingeladen. Es gibt keinen Plan B. Wir sind am Zug. Wir sind die Verwalter derselben Gnade, die im Garten Eden ausgegossen wurde, nachdem die Sünde alles Geschaffene befleckt hatte.
Die Gnade, die Gott bewog, einen Neubeginn mit einem Mann zu wagen, dessen Nachkommen zu einem Volk werden würden, durch das alle Nationen gesegnet werden sollten.
Es ist die Gnade, die Rahab und Juda erfuhren.
Die Gnade, die Jona so verwirrte und David tröstete.
Es ist die Gnade, die einen Verräter wie Matthäus und einen gerechten Mann wie Nikodemus in ihrem Innersten packte.
Es ist die Gnade, die einem sterbenden Verbrecher versicherte, dass er in Gottes Geborgenheit Frieden finden wird, und das, obwohl er keine seiner Verfehlungen wiedergutmachen konnte.
Es ist die Gnade, die Rahab und Juda erfuhren.
Die Gnade, die Jona so verwirrte und David tröstete.
Es ist die Gnade, die einen Verräter wie Matthäus und einen gerechten Mann wie Nikodemus in ihrem Innersten packte.
Es ist die Gnade, die einem sterbenden Verbrecher versicherte, dass er in Gottes Geborgenheit Frieden finden wird, und das, obwohl er keine seiner Verfehlungen wiedergutmachen konnte.
Tun wir also das, was Jesus durch seinen Tod möglich machte.
Befolgen wir den Ratschlag, den sein Bruder Jakobus der ersten Gemeinde gab.
Hören wir auf, denen das Leben schwer zu machen, die sich Gott zuwenden.
Wir wollen, sollen, dürfen dafür sorgen, dass jeder Mensch Zugang zu Gottes Gnade hat.
Schließlich ist es nicht deine Gnade.
Es ist nicht meine Gnade.
Es ist Gottes Gnade.
Und sie ist für jeden.
Wir wollen, sollen, dürfen dafür sorgen, dass jeder Mensch Zugang zu Gottes Gnade hat.
Schließlich ist es nicht deine Gnade.
Es ist nicht meine Gnade.
Es ist Gottes Gnade.
Und sie ist für jeden.