Der Gnade auf der Spur 12

Gnade holt dich aus deinem Versteck!


Gottes Botschafter der Gnade, sein Sohn Jesus, der Abraham verheißene Segen für die Welt, wanderte von Ort zu Ort. Zwischen Jerusalem und Kafarnaum – die 140 km voneinander entfernt waren – gab es wohl keinen, der Jesus nicht kannte. Zumindest vom Hörensagen.
Er rückte ein schräges Gottesbild wieder gerade, nahm sich der Nöte der Leute an und heilte Kranke. Jesus wurde beim Volk immer beliebter, und immer mehr Menschen liefen ihm nach. Doch während sein Ansehen wuchs, wurde der Sanhedrin mehr und mehr nervös. Sie mussten etwas in der »Sache Jesus« unternehmen.
Für ihn Partei zu ergreifen, kam nicht infrage. Doch einfach nur abzuwarten und zuzuschauen, wie ihnen die Kontrolle über die Bevölkerung entglitt, war auch keine Option. Im Grunde blieb ihnen nur eine Möglichkeit: Sie mussten Jesus aus dem Weg räumen.
Jesus verkündete unbeirrt die Botschaft von Gottes Reich. Von diesen Worten beeindruckt, meinten einige aus der Menge:
»Das ist wirklich der Prophet, ´auf den wir gewartet haben`!«Manche sagten ´sogar`: »Er ist der Messias!« – »Seit wann kommt denn der Messias aus Galiläa?«, wandten andere ein. »Heißt es nicht in der Schrift, dass der Messias ein Nachkomme Davids sein wird und aus Betlehem stammt, dem Ort, wo David lebte?« So kam es wegen Jesus zu einer Spaltung in der Menge.
Johannes 7,40-43; Neue Genfer Übersetzung, 2011
Da sah der Hohe Rat seine Chance, um Jesus aus dem Verkehr zu ziehen. Sie schickten die Tempelpolizei los, die Jesus verhaften sollte. Johannes berichtet:
Einige hätten ihn am liebsten festgenommen, aber keiner wagte es, Hand an ihn zu legen. Als die Männer der Tempelwache ´ohne Jesus` zurückkehrten, wurden sie von den führenden Priestern und den Pharisäern gefragt: »Warum habt ihr ihn nicht hergebracht?« – »Noch nie hat ein Mensch so gesprochen wie dieser Mann«, rechtfertigten sie sich.
Johannes 7,44-46; Neue Genfer Übersetzung, 2011
Nachdem dieser Versuch, Jesus in ihre Gewalt zu bringen, gescheitert war, traf sich der Sanhedrin, die frommen Verschwörer, um darüber zu beraten, wie es wohl weiter gehen könnte. Auch Nikodemus war anwesend. Das Mordkomplott gegen Jesus wurde ihm immer unheimlicher. Schließlich kam der Augenblick, an dem er nicht mehr untätig und schweigend den Verrat an Jesus hinnehmen konnte.
Nikodemus war ein angesehener Pharisäer, dessen Wort Gewicht hatte. Auf die Gefahr hin, seinen guten Ruf aufs Spiel zu setzen, griff er in die Beratungen ein. Er stellte eine provozierende Frage, die völlig angebracht und nötig war:
»Entspricht es denn unserem Gesetz, einen Menschen zu verurteilen, wenn man ihn vorher nicht angehört hat und aus seinem eigenen Mund erfährt, was er tut?«
Johannes 7,51; Das Buch, 2022
Den anderen fiel das Kinn herunter. Verdattert schauten sie ihn an. Er hatte sie bloßgestellt und in die Ecke gedrängt. Nikodemus hatte recht. Sie hatten überhaupt noch gar nicht mit Jesus gesprochen. Es gab nur Misstrauen, Voreingenommenheiten und pure Angst um den Verlust der eigenen Machtposition. Doch sie wollten sich ihre Verschwörungstheorien nicht von harten Fakten kaputt machen lassen. Denn es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Darum wechselten sie das Thema.
… »Bist du etwa auch schon ein Galiläer geworden? Forsche doch in Gottes Buch! Dann wirst du merken, dass ein Prophet nicht aus Galiläa kommen kann!«
Johannes 7,52; Das Buch, 2022
In diesem Punkt hatten sie recht. Doch Jesus’ Gegner waren nicht wirklich an der Wahrheit interessiert. Wenn sie sich die Mühe gemacht hätten, tatsächlich nachzuforschen, wüssten sie, dass Jesus in Bethlehem geboren worden ist, als Davids Nachkomme.
Als der Hohe Rat merkte, dass die Diskussion zäh wurde, vertagten sie die Angelegenheit und gingen auseinander.
Die erste Begegnung mit Jesus hat bei Nikodemus einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. In ihm regte sich der Wunsch, dass Jesus recht hatte:
Recht – was das ewige Leben betraf.
Recht – was Gottes Reich betraf.
Das Doppelspiel der Sadduzäer, die Heuchelei von vielen Pharisäern, die Gier nach Macht, all das ließ Fragen aufkommen. Gibt es mehr als das, was er kannte – etwas Besseres?
Nikodemus hatte das Licht gesehen. Und dieses Licht machte die Finsternis der gnadenlosen Religion, in der er aufgewachsen war, nur noch dunkler. Ihm wurde immer deutlicher bewusst, dass Heuchelei und Selbsttäuschung praktisch unausweichlich waren in einem System, in dem Gottes Gunst und das ewige Leben durch Befolgung des Gesetzes erkauft werden muss. Der Selbstbetrug war unvermeidlich. Denn wenn Gottes Gnade vom Gehorsam gegenüber dem Gesetz abhing, musste man Schlupflöcher schaffen, mit denen man das Gesetz umgehen konnte und trotzdem gehorsam erschien.
Es überrascht dann auch nicht, dass viel Mühe investiert wurde, die Regeln neu zu definieren und unbequeme Verbote und Gebote auf kreative Weise erfüllbar zu machen.
Doch Jesus hatte ihm die Augen geöffnet und Nikodemus konnte nicht mehr zurück. Wir können es nur erahnen, was in Nikodemus vorgegangen sein muss, als er hörte, dass Jesus tatsächlich in einer mitternächtlichen Aktion verhaftet worden war. In einer Reihe von Scheinprozessen wurde Jesus’ Hinrichtung vorangetrieben. Nikodemus wusste, dass das Urteil schon vor den Verhandlungen feststand.
»War es vielleicht doch ein Fehler gewesen, auf diesen Jesus zu hoffen?«
Doch er war sicher, dass das, was sich in Pilatus’ Palast abspielte, das größere Übel war.
Als Nikodemus erkennen musste, dass Jesus der Grausamkeit des aufgestachelten Mobs und Pilatus’ Unrechtsurteil nicht entkommen würde, wurde ihm schlagartig klar: Genau das hatte Jesus vorhergesagt.
Und wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat.
Johannes 3,14-15; Einheitsübersetzung, 2016
Das war Gottes Plan von Anfang an.
Jesus’ grausame Hinrichtung raubte der Mehrheit seiner Anhänger alle Illusionen. Seine besten Freunde ließen ihn im Stich. Die Gründe dafür waren nachvollziehbar. Die Jünger hatten auf einen Messias gehofft, der Israel von den Römern befreit und es wieder zu einem starken Staat macht. Und in dem sie die wichtigen Regierungsposten besetzen würden.
Dass Jesus nun von den Römern gekreuzigt wurde, markierte die Niederlage. Sie hatten die ganze Zeit falschgelegen; Jesus war nicht der, für den sie ihn gehalten hatten. Was sagten ein paar seiner Anhänger?
Und wir hatten doch unsere Hoffnung darauf gesetzt, dass er derjenige ist, der dem Volk Israel die schon lange erwartete Befreiung bringt.
Lukas 24,21; Das Buch, 2022
Nikodemus aber sah das ganz anders. Was für Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes usw. eine Niederlage war, bedeutete für Nikodemus den Start für etwas Neues. Genau das hatte Jesus vorhergesagt. Genau aus diesem Grund war Jesus gekommen.
Jesus war sich nicht nur im Klaren darüber gewesen, dass man ihn töten würde, sondern auch, wie er sterben wird. Dieses Ereignis, das die Erwartungen der Jünger bis in die Grundfeste erschütterte, war der Schlüssel, dass sich für Nikodemus alle Puzzleteile zu einem großartigen Bild zusammenfügten.
Jesus war der leidende Gottesknecht, von dem der Prophet Jesaja Jahrhunderte zuvor geschrieben hatte.
Jesus war der leidende Gottesknecht, den die Gelehrten im Judentum nicht mit dem verheißenen Messias gleichgesetzt haben.
Wie konnte ihm das entgangen sein? Nikodemus kannte diese Verse doch nur zu gut:
Er wurde verachtet, und alle mieden ihn. Er war voller Schmerzen, mit Leiden vertraut, wie einer, dessen Anblick man nicht mehr erträgt. Er wurde verabscheut, und auch wir verachteten ihn. Doch unsere Krankheit, er hat sie getragen, und unsere Schmerzen, er lud sie auf sich. Wir dachten, er wäre von Gott gestraft, von ihm geschlagen und niedergebeugt.
Jesaja 53,3-4; Neue evangelistische Übersetzung, 2025
Als ihm die nächsten Zeilen dieses prophetischen Wortes in den Sinn kam, muss ihm der Atem gestockt haben:
Doch man hat ihn durchbohrt wegen unserer Schuld, ihn wegen unserer Sünden gequält. Für unseren Frieden ertrug er den Schmerz, und durch seine Striemen sind wir geheilt.
Jesaja 53,5; Neue evangelistische Übersetzung, 2025
»Wegen unserer Schuld durchbohrt.« Das war es. »Wegen unserer Sünden gequält.«
Wie Schafe hatten wir uns alle verirrt; jeder ging seinen eigenen Weg. Doch ihm lud Jahwe unsere ganze Schuld auf.
Jesaja 53,6; Neue evangelistische Übersetzung, 2025
Keiner erlangt Vergebung, indem er/sie so gut wie möglich das Gesetz befolgt. Vergebung erforderte, dass eine Rechnung beglichen wird. Die Sünde schuldet uns den Tod. Der Pharisäer »Shaul«, der sich von Gottes Gnade einholen ließ, schreibt später an die Christen in Rom:
Denn der Lohn, den die Sünde ‹ihren Sklaven› zahlt, ist der Tod; das Gnadengeschenk Gottes aber ist das ewige Leben in ‹Verbindung mit› Christus Jesus, unserem Herrn.
Römer 6,23; Neue evangelistische Übersetzung, 2025
Jesus ließ sich den Lohn der Sünde für einen jeden Menschen auf dieser Erde auszahlen. Er raubte dir und mir und jedem Menschen den Lohn, den die Sünde uns schuldet. Jesaja hatte es vorhergesagt, dass der Messias die Folgen der Sünde der ganzen Menschheit auf sich nimmt.
Nun war dieser Tag da. Nikodemus’ Gebete sind erhört worden. Der Messias war gekommen. Aber nicht so, wie er in seiner Vorstellung sein sollte, sondern so, wie Gott es geplant hatte:
Doch Jahwe wollte ihn zerschlagen. Er war es, der ihn leiden ließ. Und wenn er sein Leben als Schuldopfer eingesetzt hat, wird er leben und Nachkommen haben. Durch ihn gelingt der Plan Jahwes.
Jesaja 53,10; Neue evangelistische Übersetzung, 2025
Hebräische Schriftgelehrte rätselten seit Jahrhunderten an Aussagen ihrer heiligen Schriften herum. Für Nikodemus erschlossen sie sich innerhalb eines Augenblicks in ihrer ganzen Fülle. Alles, was die Propheten geschrieben hatten und was Jesus ihm gesagt hatte, bekam plötzlich einen tiefen Sinn.
Nikodemus stand in der Menge und beobachtete, wie Jesus auf das Kreuz genagelt und das Kreuz aufgerichtet wurde. Vielleicht war er der Einzige, der die Bedeutung und Heiligkeit dieses Augenblicks verstand. Und als er Jesus, den Messias, sterben sah, füllte tiefes Vertrauen sein Herz. Zum ersten Mal in seinem rechtschaffenen Leben hatte er die Gewissheit, dass er vor Gott gerechtfertigt dastand.
Wenn Nikodemus sich vor Kurzem noch Sorgen um seinen Ruf und seine gesellschaftliche Stellung gemacht hatte, an diesem späten Nachmittag war es damit vorbei. Er scherte sich nicht mehr um die Spielregeln des Sanhedrins und um angepasstes Verhalten. Er schloss sich einer kleinen, aber mutigen Gruppe an, die sich jetzt nicht versteckten. Einer davon gab sich erst nach Jesus Tod als Jünger zu erkennen.
Wie Nikodemus gehörte auch Josef von Arimathäa zu den »oberen Zehntausend«. Wie Nikodemus hatte er wohl einiges zu verlieren, wenn er sich öffentlich zu Jesus bekannte. Also ließ er es sein, zumindest so lange Jesus lebte. Die Bibel sagt uns nicht, was Josef dazu brachte, aus der Deckung zu kommen, wahrscheinlich hatte es etwas mit einer würdigen Bestattung von Jesus zu tun.
Die Römer hatten kein Interesse daran, gekreuzigte Verbrecher ordnungsgemäß bestatten zu lassen. Die Kreuzigung war nicht nur eine Todesstrafe für Gegner der römischen Herrschaft, sondern sie sollte auch eine öffentliche Demütigung und Abschreckung sein. Die Leichen blieben oft tagelang am Kreuz hängen. Geier sollten sie fressen, das vergrößerte die Schande noch. Wenn man den Leichnam – oder was davon übrig war – schließlich abnahm, warf man ihn auf die Müllkippe. Das wäre auch Jesus’ Schicksal gewesen.
Ausnahmen waren aber möglich. Insbesondere wenn es sich um einflussreiche, wohlhabende Familien mit guten Verbindungen handelte, konnte eine Übergabe des Leichnams beantragt und genehmigt werden. Dies war jedoch eine Gunst der Römer und nicht die Regel.
Die römischen Gepflogenheiten waren genau das Gegenteil von den jüdischen Bestattungsregeln. Im Judentum war es Brauch und religiöses Gebot, Verstorbene so schnell wie möglich, idealerweise noch am Todestag, zu bestatten. Das geschah aus dem Respekt vor dem Toten. Dazu kam, dass »Unreines«, zu dem auch eine Leiche gehört, so schnell wie möglich beseitigt werden sollte. Zudem schreibt das Gesetz vor, dass der Leichnam eines Gehängten nicht über Nacht am Galgen hängen bleiben soll.
In Provinzen mit vorwiegend jüdischer Bevölkerung, wie Judäa, erlaubten die Römer manchmal das Herabnehmen von Gekreuzigten vor Sonnenuntergang, um jüdische Gesetze und Empfindlichkeiten zu respektieren. Dies erforderte jedoch eine offizielle Genehmigung.
Josef von Arimathäa, ein angesehener Mann mit guten Verbindungen, ging deshalb zu Pilatus und bat ihn, ihm Jesus’ Leichnam auszuhändigen. Hätte er das nicht getan, wäre der Leichnam wahrscheinlich noch vor Sonnenuntergang vom Kreuz abgenommen und auf einen Wagen mit den toten Körpern der anderen Delinquenten geladen worden. Die Leichen von Hingerichteten entsorgte man dann auf der Müllhalde im Tal »Ge-Hinnom«, auf Griechisch »Gehenna« und oft mit »Hölle« übersetzt. Dort wurde der Müll verbrannt.
Josef von Arimathäa wollte nicht einfach tatenlos hinnehmen, dass so etwas mit Jesus geschah. Also entschloss er sich, seinen Einfluss geltend zu machen, sein Geld einzusetzen und den Leichnam würdig zu bestatten. Aber damit flog auch seine Deckung als geheimer Jünger Jesu auf. Johannes schildert es folgendermaßen:
Josef von Arimathäa, der auch ein Nachfolger von Jesus war, aber heimlich, aus Angst vor den führenden Judäern, ging zu Pilatus und bat ihn um die Erlaubnis, den Körper von Jesus vom Kreuz abnehmen zu dürfen. Der erlaubte es, und Josef ging hin und nahm den Körper von Jesus vom Kreuz.
Johannes 19,38; Das Buch, 2022
Josef war aber nicht allein.
Da kam auch Nikodemus, der, der damals in der Nacht zu Jesus gekommen war. Der hatte eine Mischung aus Myrrhe und Aloe bei sich, gut dreißig Kilogramm. Sie nahmen den Körper von Jesus, wickelten ihn in Tücher, zusammen mit den Salben und Parfüms, wie es dem jüdischen Begräbnisbrauch entspricht.
Johannes 19,39-40; Das Buch, 2022
Das ist übrigens der letzte Satz, den wir über Nikodemus lesen.
Er konnte nicht ahnen, dass seine kurze Begegnung mit Jesus einmal zu einer der beliebtesten Geschichten des Neuen Testaments werden würde. Natürlich wusste er nicht einmal, dass es überhaupt ein »Neues Testament« geben würde. Doch es gab noch etwas, das er nicht ahnen konnte. Etwas von außergewöhnlich großer Bedeutung.
Sein Vertrauen in und seine Liebe zu Jesus veranlassten ihn, etwas zu tun, wozu selbst dem engsten Jüngerkreis der Mut fehlte. Er wollte Jesus würdig beisetzen. Sein Einsatz, das Begräbnis nach jüdischen Regeln durchzuführen, liefert uns Jesusnachfolgern des einundzwanzigsten Jahrhunderts einen unwiderlegbaren Beweis für Jesus’ Tod. Dass Jesus wirklich tot war, glauben wir deshalb, weil man ihn in einem Grab beigesetzt hat. Jesus wurde nicht einfach auf eine Müllhalde geworfen.
Wenn ein Gekreuzigter, der nur sechs Stunden am Kreuz gehangen hat, lebendig in der Stadt aufgetaucht wäre, nachdem man ihn auf eine Müllhalde geworfen hatte, dann wäre das zwar höchst ungewöhnlich, aber doch keinesfalls unmöglich gewesen. Es hätte der Fall auftreten können, dass ein zum Tode Verurteilter die Kreuzigung überlebt.
Aber wenn jemand den Leichnam vom Kreuz abnimmt, überprüft, ob es noch Vitalfunktionen gibt, und wenn keine mehr vorhanden sind, den Toten nach jüdischem Brauch bestattet, dann war er wirklich tot. Und wenn er nicht tot war, wäre er erstickt, als man ihn in mehrere Lagen Tücher gewickelt hatte, die mit Kräuteressenzen und aromatischen Ölen getränkt waren.
Nikodemus’ Einsatz für Jesus führte dazu, dass wir heute einen äußerst stichhaltigen Beweis für Jesus’ Tod in Händen halten. Und Jesus Auferstehung bestätigte alles, was er über die Bedeutung seines bevorstehenden Todes gelehrt hatte. Wie passend, dass der Mann, dem Jesus sagte, er müsse von Neuem geboren werden, so vielen Generationen den Weg zu Jesus ebnete, weil sie nun mit gutem Grund glauben konnten, dass Jesus tot war und wieder auferstanden ist.
Für Nikodemus bekräftigte die Auferstehung die lebensverändernden Worte, die Jesus ihm im Schutz der Dunkelheit gesagt hatte:
Und so wie Mose damals in der Wüste die Bronzeschlange weit sichtbar und hoch anbringen ließ, so wird auch der von Gott gesandte Menschensohn in die Höhe gehoben werden. So kann und wird dann jeder, der ihm sein Vertrauen schenkt, durch ihn das Leben haben, das unzerstörbar und ewig ist.
Johannes 3,14-15; Das Buch, 2022
Nikodemus war ein fundierter Kenner der heiligen Schriften. Was mag es ihn gekostet haben, sich einzugestehen, dass er sein ganzes Leben lang falschgelegen hatte, und das in so grundlegenden Fragen wie dem Bürgerrecht in Gottes Reich und dem ewigen Leben? Was er bis zu seinem Gespräch mit Jesus geglaubt hatte, war so plausibel und allgemein akzeptiert, dass es keinen Grund gab, daran zu zweifeln und nach einer Alternative zu suchen.
»Gott schenkt guten Menschen gute Dinge. Wer das Gesetz beachtet, ist gut. Das ewige Leben ist etwas Gutes. Gott gibt also den Gesetzestreuen das ewige Leben.«
Das ist doch total logisch, oder? So war es immer gewesen. Warum sonst hätte Gott Israel all diese Gesetze geben sollen?
Nikodemus galt als ein guter Mensch, der das Gesetz ehrte, also musste jedermann annehmen, dass er Bürger in Gottes Reich war. Woher sollte Nikodemus denn auch wissen, dass das Bürgerrecht kein Entgelt für gute Menschen ist, sondern Gottes Geschenk für Menschen, die ihm vertrauen und wissen, dass ihnen vergeben ist.
Irgendwann nach seiner Begegnung mit dem Retter Jesus begann Nikodemus, alles noch einmal zu überdenken. Es dauerte wohl einige Zeit, bis er bereit war, das loszulassen, was er »Glaube« nannte. Er sah ein, dass sogar er, einer von den Guten, von oben her neu geboren werden musste. Für »Gerechtigkeit aus dem Gesetz« war er nicht gut genug; er brauchte Gottes Gnade.
Jesus’ Worte bewirkten für Nikodemus eine radikale Abkehr von seinem bisherigen Denken. Vielleicht gilt das ja auch für dich. Lasse dir doch noch einmal den Gedanken durch den Kopf gehen, den wir bereits bei Jesaja finden, den Jesus lehrte und Nikodemus entdeckte:
Das ewige Leben ist keine Belohnung für gute Menschen, sondern Gottes gutes Geschenk für Menschen, die ihm und seinem Sohn ihr Vertrauen schenken.
Als Jesus an jenem Tag auf dem Hügel Golgatha an ein Kreuz genagelt wurde, geschah das, damit jeder, der zu ihm aufschaut, Leben hat, ewiges, göttliches Leben. Deine Sünde und meine Sünde sind der Grund für Jesus Tod. Sein Tod beglich alles, was die Sünde uns schuldig war. Was immer du Gott zu schulden glaubst, alles ist bezahlt. Als Jesus am Kreuz sagte:
»Es ist vollbracht!«
Johannes 19,30
meinte er, dass wirklich und wahrhaftig alles in Ordnung gebracht ist. Wir müssen uns nichts mehr erarbeiten. Nur annehmen müssen wir etwas: Gottes Gnade.
Gottes Gnade ist das wertvollste Geschenk, das wir bekommen können. Aber wir müssen sie annehmen. Mit der Gnade kommt die Gewissheit der Vergebung und das ewige Leben. Gnade wird durch Vertrauen empfangen. Darum sagt Jesus uns:
Ich sage euch mit allem Nachdruck: Wer vertraut, der hat schon das ewige Leben!
Johannes 6,47; Das Buch, 2022
Es bleibt dir also nur noch eine einzige Frage zu beantworten: Vertraust du Gott? Hast du Gottes Geschenk des ewigen Lebens angenommen, und zwar durch das Vertrauen, dass Jesus mit seinem Tod ein für alle Mal deine Sünde aus der Welt geschafft hat?
Die einzige andere Möglichkeit ist, dir durch einwandfreies Verhalten, das heißt durch eine 100 %ige Erfüllung des Gesetzes, Gottes Gerechtigkeit zu erarbeiten. Für Schlupflöcher gibt es Abzüge. Nikodemus hat schließlich begriffen, dass kein Mensch, kein noch so frommer Pharisäer, gut genug ist, um vor Gott durch Leistung zu bestehen. Auch heute ist keiner gut genug. Mag er noch so religiös sein. Daher noch einmal die Frage:
Hast du Gottes Geschenk – seine Gnade – für dich ganz persönlich angenommen?
Bist du durch dein Vertrauen gewiss, dass Jesus ein für alle Mal alle deine Sünde ausgelöscht hat? Hast du die Gewissheit, dass Jesus keine Sünde – weder vergangene noch gegenwärtige und zukünftige – übersehen hat?
Dir gelten Jesus’ Worte:
Feierlich versichere ich euch: Wer auf das hört, was ich zu sagen habe, und dem, der mich gesandt hat, sein Vertrauen schenkt, der besitzt das ewige, unzerstörbare Leben.
Johannes 5,24; Das Buch, 2022

Ich wünsche dir dieses lebenspendende Vertrauen in Gottes Zusagen und das ewige, unzerstörbare Leben.